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Archiv-Artikel

Patienten selten wundgelegen

GESUNDHEIT Der „Bremer Krankenhausspiegel“ hat gute Ergebnisse zur Behandlungsqualität von Patienten mit Druckgeschwüren veröffentlicht. Erhebungen zu Hygiene-Zuständen fehlen indes noch

Von SCHN
Dekubitus

Dekubitusgeschwüre werden nach dem amerikanischen Chirurgen JD Shea in Grade eingeteilt.

■ I. Grad: Hautrötung, die bei Entlastung verschwindet.

■ II. Grad: Die Haut weist Abschürfung oder Blasen auf.

■ III. Grad: die Haut ist bis in tiefere Schichten geschädigt, das Geschwür selbst aber noch auf die Oberfläche beschränkt.

■ IV. Grad: das Gewebe stirbt bis auf die Knochen ab.

JD Shea: Pressure sores, in: Clinical Orthopaedics and Related Research, 112 (1975)

Die Zustände in Bremer Krankenhäusern werden momentan vor allem am Hygiene-Skandal im Klinikum Bremen-Mitte gemessen. Beim Thema Dekubitus, also Druckgeschwüre durch Wundliegen, können die Kliniken hingegen erfreuliche Ergebnisse präsentieren.

Nachzulesen ist das seit gestern im Internetportal „Bremer Krankenhausspiegel“. Dort veröffentlichen seit zwei Jahren alle 14 Kliniken Bremens und Bremerhavens in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale, der Ärztekammer, der Unabhängigen Patientenberatung und Krankenkassen Qualitätsdaten zu Krankheitsbildern und deren Behandlungen. Bremen ist das einzige Bundesland, das auf diese Art Krankenhaus-Daten veröffentlicht; lediglich in Hamburg und Hannover können Patienten sich über einen Teil der Kliniken durch einen Krankenhausspiegel informieren.

Dekubitus bilden sich meist bei über 75-jährigen, bettlägrigen Patienten. Durch die anhaltende Druckbelastung auf eine Körperregion wird die Durchblutung gestört, es entstehen Gewebeschädigungen und im schlimmsten Falle so tiefe Wunden, dass sie nur noch operativ behandelt werden können. In Krankenhäusern und Pflegeheimen ist deren Häufung ein Indiz für mangelnde oder schlechte Pflege.

„Wir erleben leider noch immer recht häufig, dass Patienten aus Pflegeheimen mit Druckgeschwüren dritten oder vierten Grades ins Krankenhaus kommen“, sagt Cornelia Plötz, ausgebildete Krankenschwester und Leiterin der Fachgruppe Pflege im Land Bremen. „An der mangelnden Qualifikation von AltenpflegerInnen liegt das nicht, eher an der Tatsache, dass viele Einrichtungen ungelernte Teilzeitkräfte beschäftigen.“

Die Situation in den Bremer Kliniken hingegen ist laut Uwe Zimmer, Geschäftsführer der Bremer Krankenhausgesellschaft, erfreulich: Im ersten Quartal 2010 hätten von 10.700 Risikopatienten nur 0,9 Prozent einen Dekubitus entwickelt, das seien 20 Prozent weniger als der Bundesdurchschnitt.

Annette Drewes-Kirchhoff, Leiterin der unabhängigen Patientenberatung, begrüßt die Erweiterung des Krankenhausspiegels als „transparente Entscheidungshilfe für Patienten“, fordert jedoch Nachbesserungen vor allem beim Aspekt „Patientenzufriedenheit“: „Hier fehlen detaillierte Angaben zu den Stationen der Kliniken“. Die werden so schnell nicht nachgereicht, denn die aktuelle Patientenbefragung läuft und wird im Herbst veröffentlicht – erneut ohne Bewertungen von Stationen.

Aufschlüsse über die Hygienezustände bietet das Portal ebenfalls nicht. „Hier gibt es noch keine vernünftig darstellbaren Strukturen“, sagt Uwe Zimmer. Man werde aber versuchen, das bis Ende des Jahres abzubilden. Aber auch hier sei der Standard bereits jetzt höher als der Bundesdurchschnitt: „Und durch die neue Hygieneverordnung wird er sich noch weiter verbessern“. Der Keim-Skandal im Klinikum Bremen-Mitte sei als Einzelfall nicht exemplarisch für den Zustand der Bremer Krankenhäuser insgesamt. SCHN