: Druckanfällige Arbeitnehmer
betr.: „Urlauben wir unerlaubt?“ Pro von Philipp Dudek, taz vom 21. 6. 05
Die taz zwei ist ja für manch nachdenkenswerte Provokation gut. Aber da gibt es eine unverschämte Lobbyforderung eines „Handwerkspräsidenten“, die von keiner einzigen Partei mitgetragen wird, kranken Arbeitnehmern den Urlaubsanspruch wegzunehmen. Und schon wird mit einem Artikel reagiert, der sich den Handwerksmeisterinteressen anschließt und mit schwachsinnigen Argumenten danach trachtet, die gesellschaftlichen Gräben zwischen hoch gestressten und mit immer intensiverem Arbeitsdruck belasteten „Arbeitsplatzbesitzern“ und den immer chancenloseren Arbeitslosen zu vertiefen. Die zunehmende Anfälligkeit der Arbeitnehmer für den Druck ihrer Chefs wird da mal eben als Argument genommen, diesen Druck gezielt für Kranke zu verschärfen. All die Mechanismen, die dazu führen, dass immer mehr Arbeitnehmer sich aus Angst immer mehr Arbeit aufhalsen lassen, und die dazu führen, dass die Wirtschaft noch mehr Arbeitsplätze abbauen und Arbeitslose schaffen kann, werden als „zeitgemäß“ angesehen. Das Leben nach „Auftragseingang“, bar jeder Verlässlichkeit und sozialer Bindungen in der Freizeit, wird als Modell gepriesen.
Wenn Herrn Dudek die Campingurlaube mit seinen Eltern am Bodensee nicht gefallen haben, ist das ganz allein sein Problem und überhaupt kein Grund, verlässliche Urlaubsplanung gegebenenfalls mit Freunden und schöne Gewohnheiten als „unmodern“ zu diffamieren. Die Interessen des Herrn Kentzler sind doch klar: mit der Schaffung von immer mehr Arbeitslosen die Löhne weiter zu drücken, die Arbeitsbedingungen verschärfen zu können und damit die Gewinne des Handwerks zu erhöhen. Das ist der Zweck all der Forderungen nach Arbeitszeitverlängerungen und Arbeitsintensivierung.
KLAUS BÖTTCHER, Linsengericht