meinungsstark:
Serienmord? Frauenserienmord!
„‚Tatort‘ aus Kiel: Von der Vergangenheit eingeholt“,
taz vom 10. 4. 22
Die überschwänglich positive Rezension des „Tatort“ aus Kiel können wir nicht nachvollziehen. Die Ausgangsidee der Bewältigung eines Jugendtraumas ist okay, auch deren Ableitung in die Gegenwart. Zur Nebensache gerät, dass im „Tatort“ ein Serienmord aufzuklären ist, ein Serienmörder jagt Frauen mit Waffen, um seinen eigenen Alpdruck eines ihn roh unterdrückenden Vaters auf Kosten seiner unbewaffneten weiblichen Opfer niederträchtigst und brutal zu kompensieren.
Beim Lesen der taz-Rezension fällt auf, dass das Wort „Frau“ nicht auftaucht, nicht ein einziges Mal verwendet wird – der Frauenserienmord sozusagen weggegendert wird. Auch dass das Leid der weiblichen Opfer mehrfach – einmal sogar in einer völlig unnötigen Doppelung der Großaufnahme des Tötungsmoments eines 14-jährigen wehrlosen Mädchens – nur männlich-schaulustig dazu dient, mehr Nervenkitzel in den Zuschauern zu wecken, stört den Rezensenten wenig.
Die angeblich hoch emotionale Spannung gerät in der Schlusssequenz zum absichtlich gedehnten Horror, als es lediglich um männlich-schaulustige Befriedigung, aber nicht um „suspense“ geht, also die gesteigerte Erwartung dessen, was kommen könnte. Zu sehen ist ein Frauenserienmörder, der ein neues weibliches Opfer betatscht, in den Unterarmwürgegriff nimmt und viele Sekunden zu erwürgen versucht, während der Kommissar verpeilt durch den Wald stolpert. Wir wünschen uns zukünftig sensiblere Fernsehempfehlungen und Kritiker – und der in die Jahre gekommenen Kieler „Tatort“-Figur Borowski eine möglichst baldige „Tatort“- Schlusssequenz. Wolfgang Dittrich-Windhüfel, Freiburg
Gasboykott: Das westliche Dilemma
„Gas kostet auch ungeliefert“, taz vom 7. 4. 22
Liebe tazler, die Auswirkungen eines Gasboykotts gegenüber Russland wären in der Konsequenz sogar noch viel kurioser, als in diesem Artikel von Bernward Janzing skizziert. Russland könnte dann nämlich doppelt kassieren:
a) Die Zahlungen deutscher Vertragspartner auf der Basis von Take-or-pay-Klauseln
b) von einem möglichen Ersatz-Abnehmer für das von uns nicht abgenommene Gas. Dieser Effekt würde das Ziel eines Boykotts völlig konterkarieren! Aus dieser Perspektive macht die zögerliche Haltung der Bundesregierung hinsichtlich eines Gasboykotts natürlich Sinn. Aber ich frage mich, warum wird das dann nicht offen kommuniziert?
Günther Janssen Nürnberg
Jetzt ziehen Verbrecher in den Krieg
„Wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine: Strafanzeige gegen Putin“, taz vom 7. 4. 22
Wenn die russische Armee nicht so grausam wäre, könnte sie mir fast leid tun: zu sterben, damit Milliardäre noch reicher werden, Treue zu schwören dem korrupten und menschenverachtenden System …
Und Putin? War ich nicht, kein Blut an meinen Händen. In den Gefängnissen sitzen mehr Angehörige der Opposition als Verbrecher. Verbrecher werden freigelassen, wenn sie in den Krieg ziehen. Sie halten sich für die Engel Russlands, die sich an eine Ideologie klammern, die ihren intellektuellen Ansprüchen genügt, weil sie ihnen nützlich ist. Freiheit für Mörder und sonstige Menschen, die Spaß an Grausamkeiten haben.
Es ist absolut richtig, Abstand von Russland zu nehmen und Geschäftsbeziehungen zu vermeiden. Zumindest solange kein vernünftiges Rechtssystem besteht. Im Militär herrschen Umgangsformen, wie sie in sibirischen Gefangenenlagern gelebt werden. Claudia Grossklaus, Hattingen
Wenn eine Stadt stirbt
Butscha. Eine Stadt schreit/ mit ihren Trümmern schreit sie/ ihrer Verwüstung/ den vielen Toten/ den so vielen/ hingerichteten unschuldigen Menschen/ schreit sie mit ihrer furchtbaren Stille/ mit ihr in uns. Peter Hönig, Reinheim
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