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Archiv-Artikel

Ein wenig Schminke für Hartz IV

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement kündigt kosmetische Korrekturen an Hartz IV an. Die Höhe des Arbeitslosengelds II in den ostdeutschen Bundesländern soll auf Westniveau angehoben werden. Grünen-Chef Bütikofer fordert weitere Änderungen

AUS BERLINKLAUS JANSEN

Wolfgang Clement ist entschlossen, die Hartz-Reformen bis zum Ende seiner Amtszeit zu verteidigen. „Der Weg, den wir eingeschlagen haben, war richtig“, sagte der sozialdemokratische Bundeswirtschaftsminister gestern. Anlass war die Vorstellung des Zwischenberichts des so genannten „Ombudsrats Grundsicherung für Arbeitssuchende“. Der 30-seitige Text zieht nach einem halben Jahr Hartz-IV-Gesetze eine erste Bilanz der Arbeitsmarktreformen.

Rund 158.000 Beschwerden von Arbeitslosengeld-II-Empfängern hat der von der Bundesregierung eingesetzte Ombudsrat seit Dezember erhalten. Dennoch bestärkte der Vorsitzende des Gremiums, der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete und Chemiegewerkschafts-Chef Hermann Rappe, den Wirtschaftsminister. „Ich bin von der Richtigkeit noch mehr überzeugt als am Anfang unserer Arbeit“, sagte Rappe. Allerdings mahnten er und seine Kollegen – das sind der frühere sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) und Ex-Familienministerin Christine Bergmann (SPD) – Veränderungen an dem Gesetz an. Wichtigster Punkt: die Angleichung der Höhe des Arbeitslosengelds II in Ost- und Westdeutschland.

In den ostdeutschen Bundesländern sollte der Regelsatz von bisher 331 Euro auf das Westniveau von 345 Euro angehoben werden, so der Ombudsrat. Die Ungleichbehandlung sei nicht zu rechtfertigen. Bestätigt sieht man sich dadurch, dass der Großteil der beim Rat eingegangenen Beschwerden aus dem Osten kommt – 24 Prozent aller schriftlichen Eingaben allein aus Sachsen.

Wirtschaftsminister Clement versprach, dem Rat zu folgen. Noch vor den Neuwahlen wolle er einen Gesetzesentwurf für die jährlich rund 200 Millionen Euro teure Anhebung der Ostsätze ausarbeiten lassen. Weil aber auch der Bundesrat zustimmen müsse, werde es mit einer Verabschiedung zunächst sicher nichts. „Ich will da keine Illusionen wecken“, gab Clement zu.

Umgesetzt werden deshalb allenfalls kleine Korrekturen: Bei der Berechnung von Arbeitslosengeld II sollen die Eigenheimzulage, das tatsächlich an den Nachwuchs weitergereichte Kindergeld und Einkünfte aus Schülerjobs vor dem Zugriff des Staates geschützt werden.

Nicht einig ist sich der Ombudsrat in der Frage, ob für ältere Arbeitnehmer die Bezugsdauer für Arbeitslosengeld II verlängert werden sollte – CDU-Mann Biedenkopf blieb auf Parteilinie und sperrte sich dagegen. Im Bundesrat will die Union die von der Regierung eingebrachte Verlängerung der Bezugsdauer von einem auf zwei Jahre blockieren.

Die Grünen nutzten den Ombudsratbericht, um weiter gehende Korrekturen an Hartz IV einzufordern. Es bestehe die „Chance, noch einmal über einige Stellschrauben zu diskutieren“, sagte Parteichef Reinhard Bütikofer. Vor allem sei ein besserer Schutz von Alterseinkommen nötig.

Die Union kündigte für den Fall eines Regierungswechsels gar eine „Generalüberholung“ von Hartz IV an. NRW-Arbeitsminister und CDA-Chef Karl-Josef Laumann sprach sich etwa gegen einen Rechtsanspruch auf die Gründung einer Ich-AG aus. Zudem sollten die Kommunen bei der Vermittlung von Arbeitslosen stärker an die Stelle der Bundesagentur für Arbeit treten. Der Nachbesserungskatalog zeige, wie „schlampig“ Hartz IV von Rot-Grün vorbereitet worden sei, kritisierte der CDU-Fraktionsvize Ronald Pofalla.