Der KOA brüllt – der Senat zieht weiter

Wenn der Koalitionsausschuss (KOA) die Daumenschrauben anzieht, dann zittert – niemand im Senat. Lang ist die Liste von Beschlüssen, die zum 30.6. abgearbeitet sein sollten. Der KOA tagt nicht einmal, um die Einhaltung der Punkte zu kontrollieren

Bremen taz ■ Wenn ein Auftrag ganz ernsthaft wirken soll, muss man einen Termin setzen. Der Koalitionsausschuss (KOA), der Ende Februar die Konsequenzen aus dem Zerplatzen der Kanzlerbrief-Blase gezogen hat, wollte ernst genommen werden: In seinen umfangreichen Beschlüssen sind immer wieder Daten gesetzt – meist der 30. Juni 2005. Gestern lief die Frist ab – Anlass genug, nach dem Vollzug zu schauen.

Da gibt es durchaus Posten, die „in Arbeit“ sind. Aber für die Mehrzahl der termingebundenen Arbeitsaufträge gilt das nicht. „Überprüfung und Neujustierung der Aufgabenfelder bei den bremischen IT-Dienstleistungen“ steht da zum Beispiel im Protokoll des „KOA“, und dann: „Termin: 30.6.2005“. Genauso: „Überprüfung der Krankenhausbedarfsplanung“. Vorliegen sollte auch das „Aufhebungsgesetz“ für den Justiz-Eigenbetrieb Judith oder das Konzept für die Zusammenfassung der Meldestellen in drei Service-Centren – alles „bis zum 30.6.2005“.

Das Amt zur Wohnungsbauförderung beispielsweise sollte in die senatorische Behörde integriert werden – Konzept zum 30.6., Fehlanzeige. Dasselbe gilt für die Teilprivatisierung der Aufgaben des Friedhofswesens. Das „Amt für Straßen und Verkehr“ wird in einen Eigenbetrieb umgewandelt – Konzept bis 30.6., hieß es. Nichts davon ist passiert. Bis zum 30.6. sollte auch das Konzept vorliegen, wie „das Angebot der Bürgerhäuser konzentriert und in Qualität und Struktur optimiert“ werden kann.

Besonders teuer kommt den Steuerzahler die Nicht-Erfüllung der Beschlüsse des KOA, die die Wirtschaftspolitik betreffen. Der Bremer Wirtschaftssenator sollte bis zum 30.6. einen Vorschlag darüber vorlegen, wie statt der bisherigen Praxis der verlorenen Zuschüsse an Unternehmen in Zukunft Darlehen vergeben werden könnten. „Die Förderprogramme werden evaluiert mit dem Ziel der Bündelung und Reduzierung bis zum 30. Juni 2005“, heißt dazu zackig und glasklar unter Punkt 80 der Liste der Beschlüsse des Koalitionsausschusses.

Bis zum 30.6. sollte außerdem das Konzept vorliegen, wie das Gewoba-Problem gelöst werden kann: Der Senat hatte vor Jahren 141 Millionen Euro neuer Schulden dadurch kaschiert, dass er seine Tochterfirma „Bremer Investitionsgesellschaft“ (BIG) zwang, Gewoba-Anteile zu einem stattlichen Preis – 141 Millionen Euro – zu übernehmen. Der Kredit steht bei der BIG, 28 Millionen Euro Zinsen sind bisher aufgelaufen – eine Zeituhr tickt.

Besonders grausam fand die CDU die Beschlüsse des Koalitionsausschusses auch zu den Einsparungen im Investitionsbereich: Die geplanten Investitionen (bis 2009) sollten um mehr als 100 Millionen Euro reduziert werden. Und wenn es Geld aus den Kanzlerbrief-Verhandlungen gibt, so steht da glasklar, werde das „nicht für zusätzliche neue Investitionen genutzt, sondern für den allgemeinen Haushalt zur Entschuldung eingesetzt.“ So steht es da. Gemeint sind damit „die vereinbarten Zahlungen des Bundes für die Landesanteile der Finanzierungen von Verkehrsprojekten“, Cherbourger Straße und A 281.

Der Senat hat in der vergangenen Woche allerlei Verschiebungen beschlossen, um die Spar-Vorgabe für die Investitionen zu umgehen. Das Projekt Cherbourger Straße soll außerhalb der vereinbarten Investitionsquote finanziert werden, und wenn das Kanzler-Geld nicht kommt, steht in einer Fußnote des Senatsbeschlusses, so soll die Investitionssumme wie die 233 Millionen Euro für die Kaiserschleuse bis zum Jahre 2040 abgestottert werden – außerhalb des Haushaltes versteht sich.

Der Koalitionsausschuss hat keine Sitzung angesetzt, um zu sehen, was aus seinen zackigen Beschlüssen geworden ist. kawe