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Archiv-Artikel

Zoff um EU-Software-Patentrichtlinie

Patentgegner werfen dem rechtspolitischem Sprecher der CDU im EU-Parlament Befangenheit vor

BERLIN taz ■ Der Streit um die EU-Softwarepatent-Richtlinie spitzt sich zu. Gestern widersprach die dänische Regierung dem „Gemeinsamen Standpunkt“ des EU-Rats, der nach Einschätzung der Free Software Foundation Europa die weitreichende Patentierung von Software festschreibe und so den Durchmarsch für Software-Giganten wie Microsoft künftig noch leichter mache.

Am kommenden Mittwoch geht die geplante Richtlinie über die „Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen“ in die entscheidende zweite Lesung im Europaparlament. Die MEPs hatten schon bei der ersten Lesung erheblichen Änderungsbedarf angemeldet. Vorige Woche schwenkte der einflussreiche Rechtsausschuss des EU-Parlaments aber überraschend weit auf den Kurs des EU-Rats ein.

Nach Darstellung der Softwarepatentgegner vom Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII), die vor allem mittelständische Softwareentwickler vertreten, spielte dabei der deutsche EU-Parlamentarier Klaus-Heiner Lehne (CDU/EVP) eine entscheidende Rolle. Lehne, der rechtspolitische Sprecher seiner Partei, stehe aber in einem Interessenkonflikt, so der FFII. Lehne bestreitet dies aber vehement.

Tatsächlich arbeitet der Rechtsanwalt für das Düsseldorfer Büro der Sozietät Taylor Wessin, was Lehne auch in seiner „Erklärung der finanziellen Interessen der Mitglieder“ laut Geschäftsordnung des Europaparlaments angibt.

Taylor Wessin gründete im Oktober 2003 einen eigenen „Praxisbereich Regulatory Affairs“, zu dessen Tätigkeit unter anderem die „Beratung (…) namhafter europäische PC-Hersteller bezüglich handelspolitischer Maßnahmen“ der EU-Kommission gehört.

„Für den weiteren Ausbau des Praxisbereichs (…) konnte Taylor Wessing den Europaabgeordneten Klaus-Heiner Lehne gewinnen“, heißt es in einer Presseinformation der Sozietät von September 2003. Ziel der Abteilung sei, „ein Frühwarnsystem für unsere Mandanten zu etablieren, um sie bereits im Vorfeld zu gesetzgeberischen Maßnahmen strategisch beraten zu können“, erläuterte damals der deutscher Managing Partner von Taylor Wessing, Wolfgang Rehmann, die Aufgaben des von Lehne verantworteten Bereichs.

„Ich bin in keiner Weise in meiner anwaltlichen Tätigkeit mit einem Unternehmen verknüpft, das mit dem Streit über die Patentrichtlinie zu tun hat“, sagte Lehne gestern der taz. Er arbeite weder „für Siemens noch Microsoft noch sonst eine der Firmen“. Er berät auch keinen der Verbände, denen diese Unternehmen angehören. „Es gibt also wirklich null Zusammenhang“, so Lehne. Daher werde er auch über die offizielle Erklärung seiner finanziellen Interessen hinaus „keine weiteren Erklärungen abgeben: Da ist nichts zu erklären.“ STEFFEN GRIMBERG