: Mein Kopftuch gehört mir
Bildungssenator Willi Lemke empfing die acht erfolgreichen Projekte aus dem Bundeswettbewerb „Demokratisch Handeln“ im Rathaus und bekam als Dankeschön eine Theater-Vorführung der Schule Walliser Straße zum Thema Respekt und Kopftuch
In den höchsten Tönen lobte der Bremer Bildungssenator Willi Lemke (SPD) am Donnerstag beim Senatsempfang das demokratische Engagement der SchülerInnen und insbesondere die acht in dem bundesweiten Wettbewerb „Demokratisch Handeln“ ausgezeichneten Schülergruppen. Und dann das: ein Theaterstück über Toleranz und Kopftuch. Eben nicht nur Reden bei der Feier. Eine Gruppe vom Schulzentrum Walliser Straße stand auf der Bühne, alle mit Kopftuch. Unter plakativen Merksätzen der Aufklärung reißt einer nach dem anderen sein Kopftuch herunter, es geht um den Ausweg aus selbst verschuldeter Unmündigkeit zu Wissen und Mut. Alles klar. Alles klar? Eine behält ihr Kopftuch auf. Das Stück geht mit Szenen von Streit und Peace weiter, zwischendurch sind – wie ganz klassisch in der katholischen Kirche – die Schülerinnen auf der einen, die Jungs auf der anderen Seite aufgestellt: „Wir sollen uns verstecken, weil ihr euch nicht beherrschen könnt?“ brüllen die Mädchen, und: „Heute schützen uns Gesetze vor Gewalt – sogar in der Ehe.“ Und: „Im Koran steht: In der Religion gibt es keinen Zwang.“
Am Ende nimmt die Schülerin, die offenbar das Kopftuch aus Überzeugung trägt, diese Sätze für sich in Anspruch: „Ich allein bestimme mein Leben“, ruft sie in den Raum, „Mein Kopf gehört mir“, und: „Ja, ich habe den Mut.“ Lemke in der ersten Reihe, applaudiert, wie es sich gehört. Drei der Schülerinnen übrigens, die an der Theatergruppe teilnehmen, sind Muslime, nur eine von ihnen überzeugte Kopftuchträgerin. Das Stück „So werdet ihr als ehrbare Frauen erkannt und nicht belästigt“ ist unter Leitung des im Bremer Schülertheater nicht wegzudenkenden Lehrers Holger Möller entstanden und in dem bundesweiten Wettbewerb ausgezeichnet worden.
Acht der circa 60 von „Demokratisch Handeln“ bundesweit ausgezeichneten Projekte kommen aus Bremen, die Bilanz stimmte auch den Bildungssenator stolz. Er appellierte bei dem Senatsempfang an die Jugendlichen, sich auch in den Parteien zu engagieren: „Wir brauchen Euch alle.“ Die Projekte haben unterschiedlichste Themen. Schülerinnen des SZ Julius Brecht Allee organisierten Hilfe für ein Kinderprojekt in Südindien, für Aufbauhilfe in Albanien engagierte sich die Schülerin Frederike Hackmann (Waldorf-Schule). Unter Leitung von Wolfram Stein untersuchten Schüler des SZ Walliser Straße die Bedeutung der Migranten für die bremische Wirtschaft („Migranten schaffen Arbeit“). Eine Gruppe des Schulzentrums Walliser Straße organisiert im Rahmen einer Übungsfirma die „Nacht der Jugend“, am Schulzentrum Helsinkistraße wurden SchülerInnen des 10. Hauptschul-Jahrgangs ausgezeichnet, die für ihre MitschülerInnen kochen.
Am Schulzentrum Rübekamp hat eine Schülergruppe seit zwei Jahren an einem „Schulvertrag“ gearbeitet. Auch von dieser Gruppe waren drei VertreterInnen vor zwei Wochen zum Bundestreffen der ausgezeichneten Projekte vier Tage nach Jena eingeladen, unter ihnen die Abiturientin Jana M. Ziel des Schulvertrages, sagt sie, ist ein „angenehmes Schulklima“. In dem Schulvertrag wurden scheinbare Selbstverständlichkeiten geregelt wie der respektvolle Umgang miteinander. Auch Lehrer mussten sich verpflichten, den Unterricht gut vorzubereiten und bei der Bewertung transparent zu verfahren. Der Schulvertrag wurde über Monate diskutiert, erzählt Jana, das Problem sei die Übertragung der geschriebenen Sätze in „aktives Gedankengut“. Bei der Abstimmung unter den Schülern zeigte sich dann, wie schwer das ist: Es gab Kritik daran, dass der Vertrag verbindlich sein soll. „Grundprinzipien“ nannten ihn die SchülerInnen dann vorsichtshalber, dennoch stimmten auf einer Vollversammlung von 200 SchülerInnen nur hundert dafür, 50 sogar dagegen. Da die Aktiven des Projektes Schulvertrag gerade Abi gemacht haben, ist der letzte Teil des Projektes, die neuen 11. Klassen für die Idee zu begeistern. Kawe