Hannoversche Szene
: Die Impfshow in der Schulsporthalle

Das Impfprozedere ging richtig schnell – in der Zeit bekommt man in den meisten Kinderarztpraxen nicht einmal jemanden ans Telefon, um einen Termin zu vereinbaren

Der 11-Jährige schnauft kurz, zupft seine Maske zurecht und macht sich auf dem kleinen Stuhl ein Stückchen gerader und größer. Dann spricht er ohne mit der Wimper zu zucken, eine ganze Reihe von astreinen O-Tönen in Kamera und Mikro des RTL-Nord-Teams.

Genauso wie er freundlich und geduldig dem Lokalredakteur von der Leine-Zeitung seinen Namen buchstabiert. Nur seiner Mutter wird für einen Moment mulmig. Das liegt daran, dass ich seine Mutter bin. Und ich denke sofort: Was hast du denn da jetzt wieder angerichtet? Ich schwöre, ich habe ihm nichts vorgesagt und ihn nicht präpariert. Ich habe ihn aber vielleicht als Kleinkind ein paar Mal zu oft mit zu Terminen geschleppt.

Und jetzt hier zu diesem: einer Impfaktion in seiner alten Grundschule am Saturnring in Garbsen bei Hannover. Von der habe ich rein zufällig erfahren, weil mir – nun ja – die Pressemitteilung auf den Tisch geflattert ist, die ankündigte, dass Hannovers Regionspräsident Steffen Krach, Niedersachsens Sozialministerin Daniela Behrens und Kultusminister Grant Hendrik Tonne kommen würden, um sich genau diese Impfaktion anzusehen.

Wir waren da gerade auf der Suche nach einem Impftermin, weil das Kind seine zweite Impfung durch einen Sportunfall leider verpasst hatte. Ach, dachte ich, wie praktisch. Wir warten einfach, bis der Politikertross da durchgelaufen ist, und holen uns dann schnell den Piks.

Womit ich nicht gerechnet hatte: dass sich bei dem Termin mehr Po­li­ti­ke­r*in­nen und Jour­na­lis­t*in­nen einfinden würden als Impflinge. Und so kreisten die lieben Kolleg*innen, als wir eintrafen, immer noch auf der Suche nach ein paar Kinderstimmen. Man habe den Termin öffentlich nicht so beworben, sondern lieber mehrsprachige Elternbriefe über die Klas­sen­leh­re­r*in­nen ausgegeben, erklärt der Schulleiter der Lokalzeitung.

Die Resonanz war leider nicht sehr hoch und selbst von denen, die kommen wollten, ist die Hälfte nicht aufgetaucht. Warum das so ist, bleibt offen. Aber er sei ja froh um jeden Einzelnen, der sich impfen lasse, sagt der Schulleiter noch.

Ich überlege kurz, ob wir hier wohl gerade Stoff für Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ke­r*in­nen und Impf­geg­ne­r*in­nen liefern. Andererseits: Aus Elternsicht kann ich solche öffentlichen Impfaktionen wirklich empfehlen. Das Impfprozedere ging richtig schnell – in der Zeit bekommt man in den meisten Kinderarztpraxen nicht einmal jemanden ans Telefon, um einen Termin zu vereinbaren. Nadine Conti