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Archiv-Artikel

„Nicht zurechtbiegen“

Die grüne Innenpolitikerin Silke Stokar hat mit Ja gestimmt und Schröder das Vertrauen ausgesprochen

taz: Frau Stokar, Sie haben dem Kanzler entgegen seinem Wunsch das Vertrauen ausgesprochen. Warum haben Sie sich nicht enthalten, wie viele SPD-Abgeordnete?

Silke Stokar: Ich kann die vom Kanzler beschriebene Vertrauenskrise nicht erkennen.

Gerhard Schröders Mehrheit im Bundestag ist stabil?

Persönlich schätze ich das so ein. Natürlich weiß ich nicht, was SPD-Abgeordnete dem Kanzler in privaten Gesprächen erzählt haben. Von Seiten der Grünen jedenfalls ist die Mehrheit nicht gefährdet.

Und der Kanzler hat auch Ihr Vertrauen?

An einzelnen Punkten habe ich seine Politik durchaus kritisiert. Abweichend abgestimmt habe ich aber nie. Daran sehen Sie, dass ich die rot-grüne Koalition fortsetzen will.

Haben Sie auch deshalb mit Ja gestimmt, weil Sie das Verfahren missbilligen?

Das Bundesverfassungsgericht sollte überprüfen, ob diese Art der Vertrauensfrage noch mit der Verfassung vereinbar ist. Gerade als innenpolitische Sprecherin der Grünen habe ich ein Interesse daran, dass das Grundgesetz nicht je nach Bedarf zurechtgebogen wird.

Nach nur drei Jahren im Bundestag werden Sie Ihre Berliner Karriere möglicherweise früher beenden müssen, als Sie geplant hatten – ohne die Altersabsicherung einer Abgeordneten. Hat das zu Ihrem Entschluss beigetragen?

Ich denke gar nicht an Rente und Ruhestand. Ich will weiter aktiv als Abgeordnete für Bürgerrechte streiten. Was die Auflösung des Bundestags anbelangt: Hier möchte ich ein verfassungsrechtlich glasklares Verfahren, das auf dem schnellsten Weg zu Neuwahlen führt. Sollte das jetzt gewählte Verfahren nicht verfassungsgemäß sein, müsste das Parlament über das Recht zur Selbstauflösung nachdenken.INTERVIEW: HANNES KOCH