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Archiv-Artikel

Herdprämie nun auch fachlich abgemeiert

BILDUNG Im aktuellen Bildungsbericht raten die Fachminister aus Bund und Ländern davon ab, das Betreuungsgeld einzuführen. Das Projekt sei zu teuer und halte Kinder von der Kita fern

Selbst Kinder aus Familien mit hohem Bildungsgrad ziehen Gewinn aus der Kita

BERLIN dpa | In ihrem gemeinsamen Bildungsbericht haben die Bildungsminister der Länder und die Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) eindringlich vor der Einführung des Betreuungsgelds gewarnt. Sie kritisieren die hohen Kosten des als „Herdprämie“ bekannt gewordene Vorhabens, Müttern Geld zu zahlen, die ihre Kinder nicht in die Kita bringen.

Bereits der Ausbau der Kindertagesstätten und die dringend notwendigen Verbesserungen von Krippen und Kindergärten stellten den Staat vor enorme finanzielle Herausforderungen, heißt es in dem Bericht. Auch die Einlösung des versprochenen Rechts auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige sei zu teuer, als dass Bund und Länder noch zusätzliche Leistungen schultern könnten. Vielmehr bestehe die Gefahr, dass keines der angestrebten Ziele zufriedenstellend erreicht werden kann.

Der Bildungsbericht wurde bei namhaften Wissenschaftlern in Auftrag gegeben. Er soll an diesem Freitag veröffentlicht werden. Die Forscher verweisen auf verschiedene aktuelle Untersuchungen, die den Nutzen frühkindlicher Bildung in Betreuungseinrichtungen eindeutig belegten. „Auffällig“ sei die positive Wirkung auch bei Jungen und Mädchen aus problematischen Elternhäusern oder aus Migrantenfamilien.

Familien mit hohem Bildungsniveau, die sich ohnehin intensiv um die Vorbildung ihrer Kinder kümmern, profitierten ebenfalls vom Kita-Besuch, heißt es. Dennoch werde „die Leseorientierung in der Familie durch den Bildungsstand der Eltern geprägt“. Kinder, die aber diese Unterstützung nicht erhielten und gleichzeitig auch keine Kita besuchten, seien bei der Bildung doppelt benachteiligt, folgern die Wissenschaftler. Etwa ein Viertel der Drei- bis unter Siebenjährigen werden im Bericht als „sprachförderbedürftig“ eingestuft.

Die familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Caren Marks forderte von der Bundesregierung als Konsequenz aus dem Bericht, das Betreuungsgeld fallen zu lassen und stattdessen den Ausbau der frühkindlichen Bildung voranzubringen. Nachdem am Freitag die Opposition die Abstimmung zum umstrittenen Betreuungsgeld im Bundestag boykottiert hatte, ist die Entscheidung auf nach der Sommerpause verschoben worden. CSU-Chef Horst Seehofer hatte am Wochenende allerdings mit einem Bruch der Berliner Koalition gedroht, falls das Betreuungsgeld scheitern sollte.