: Auf dem Trockenen
Kaum jemand hat’s bemerkt, aber es hat zu wenig geregnet: Jetzt liegt die Elbschiffahrt streckenweise lahm
Jede Wette, dass die Mehrheit der Norddeutschen das Frühjahr in nasskalter Erinnerung hat: Zu viel Regen, zu später Frost, Sauwetter. Sauwetter sagen auch die Elbschiffer – aber aus ganz anderen Gründen. Ihnen ist es zu trocken gewesen. Nicht in Niedersachsen und nicht in Sachsen – sondern in Tschechien. Zu wenig Wasser – zu wenig Tiefgang: Das heißt Maschinenstopp für die Ausflugsdampfer, und zwar so lange bis im Riesengebirge heftige Regenfälle genügend Nachschub liefern, so ein Sprecher des Wasser- und Schiffahrtsamtes in Lauenburg. Momentan aber gelte: Ab Lauenburg 13 Kilometer stromaufwärts kann man auf der Elbe höchstens noch rudern. Alle anderen müssen die Umleitungen über Gebühren pflichtige Kanäle wählen.
Aber nicht allein das Wetter ist schuld an der Misere. „750 unserer Buhnen sind kaputt“, erklärte der WSA-Ingenieur Erich Wiese. „Die Elbe ist in einem Zustand wie vor 70 Jahren.“ Buhnen sind ins Wasser ragende künstliche Landzungen. Sie dienen dazu, einen Strom enger zu machen: Dadurch erhöht sich die Fließgeschwindigkeit und die Fahrrinne bleibt gleichmäßig tief. Der Effekt verkehrt sich allerdings ins Gegenteil, wenn diese Dämme zerstört sind – wie an der Elbe durch mangelnde Wartung eingeleitet und schließlich durchs Jahrhunderthochwassers 2002 vollendet. Derzeit haben die Buhnen keinen großen Einfluss auf die Fließgeschwindigkeit, fangen aber den Sand ab. Und der blockiert die Fahrrinne.
Die Buhnen-Situation auf der Elbe sei so ähnlich, als müssten „auf einer Straße aus den 30er Jahren noch heute die Lastwagen nach Berlin fahren“, erläutert Wiese. Ständige Baggerarbeiten konnten keine für die Binnenschiffer erforderliche Wassertiefe gewährleisten. Jetzt hofft man beim WSA, auch bald mit einem Ausbau der so genannten Reststrecke bei Hitzacker beginnen zu können. „Das würde dafür sorgen, dass die Schifffahrt auf der Elbe längere Zeit im Jahr möglich wäre und wir Güterverkehr von der Straße auf Schiffe holen könnten“, prognostiziert der WSA-Experte. Er gehe davon aus, dass die Niedrigwasser-Phase der Elbe bis zum Herbst anhalten wird. Am Montag stand das Wasser am Pegel im niedersächsischen Neu Darchau nur 1,28 Meter hoch. Mehr als einen Meter zu wenig für beladene Binnenschiffe. taz/dpa