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Archiv-Artikel

Spree macht Fische nass

Nach starken Regenfällen sterben vor allem im Sommer die Fische in der Spree. Ihnen fehlt der Sauerstoff. Einfach wegschwimmen können sie auch nicht: Schleusen und Wehre sind im Weg

von RICHARD ROTHER

Es ist in jedem Sommer das gleiche Bild: Nach heftigen Regenfällen – nach denen die Straßenbäume lechzen – sterben Fische in der Spree, und die Wasserqualität lässt rapide nach. Ein Phänomen, das man nicht grundsätzlich verhindern kann, sagen Wasserexperten. Auch wenn die oft sehr teuren Gegenmaßnahmen das Problem lindern können.

Starke Regenfälle sind der Grund, weshalb die Spree nicht so klar ist wie ein Bergsee, obwohl es in der Stadt kaum noch Industrie gibt, die sie verunreinigen könnte. Denn das viele Wasser – gestern fielen zum Beispiel örtlich mehr als 20 Liter pro Quadratmeter – kann in der weitgehend versiegelten Stadt nicht mehr aufgefangen werden.

Ein Teil des Regenwassers gelangt direkt in den Fluss, und mit ihm allerlei Reste von Hundekot, Honigtau und sonstige organische Abfälle, die sich in längeren Trockenperioden auf den Straßen ansammeln. Ein weiterer Teil des Regenwassers fließt in das Kanalsystem, wo es sich mit den Abwässern der Haushalte mischt und in die Klärwerke gepumpt wird, um danach gereinigt in die Spree zu plätschern – im Normalfall. Sind die Regenfälle allerdings sehr stark, kann das eigentlich recht großzügig dimensionierte Kanalsystem die Wassermassen nicht aufnehmen. Die Folge: Regenwässer und Abwässer fließen in großen Mengen ungeklärt in die Spree.

Darüber freuen sich die Bakterien im Fluss, denn die Kloake ist ihre Nahrung. Ist es warm wie im Sommer, dann ist ihr Hunger besonders groß. Für ihr großes Fressen verbrauchen die Bakterien den Sauerstoff des Wassers – die Fische ersticken. Auch weil sie nicht einfach in sauerstoffreicheres Wasser wegschwimmen können, da Wehre und Schleusen den Weg versperren. „In langsam fließenden Gewässern wird dieses Problem immer wieder auftreten“, sagt Eike Krüger, Sprecher der Wasserbetriebe. Dieses Phänomen sei bekannt, seit man Kanalisationen anlege. Städte in Asien hätten mit noch stärkeren Niederschlägen zu kämpfen.

Geradezu unmöglich scheint es, so große Staubecken zu bauen, um die Wassermassen aller denkbaren Unwetter aufzufangen, bevor sie geklärt werden können. Das sieht auch der Wasserexperte der Stadtentwicklungsverwaltung, Matthias Rehfeld-Klein, ähnlich. „Wir werden das nie völlig verhindern können“, sagt Rehfeld-Klein mit Blick auf eine sauerstoffarme Spree.

Ein ganzes Bündel von Maßnahmen sei notwendig, um das Problem einzudämmen. Die Sauerstoffanreicherung der Spree sei nur eine davon. Eine andere sei, bei Neubauten wie etwa am Potsdamer Platz ein eigenes Regenauffangsystem zu installieren. Weitere Maßnahmen: den vorhandenen Stauraum in der Kanalisation besser nutzen, die Leistung der Wasserpumpen zu erhöhen, neuen Stauraum zu bauen. Vor allem Letzteres ist sehr teuer.

Die Idee eines Wissenschaftlers, schwimmende Regenauffangbecken auf der Spree zu platzieren, ist für Rehfeld-Klein „technisch grundsätzlich vorstellbar“. Allerdings könne dies nur eine Ergänzung der anderen Maßnahmen sein. „Sonst müssten wir so viele Pontons auf die Spree stellen, dass kein Schiff mehr durchkommt.“

Auch die Umweltexpertin der Grünen-Fraktion, Claudia Hämmerling, möchte, dass weniger Regenwasser in die Spree abfließt. Das Rückhaltesystem müsse ausgebaut werden, fordert Hämmerling. Zur Finanzierung sollte der Senat bei Baumaßnahmen eine Versiegelungsabgabe erheben.