: „Wir sind billiger“
INNOVATION Rolf Schumann über Leihbatterien als Geschäftsprinzip und den Elektromarkt der Zukunft
34, ist Deutschland-Manager von Better Place. Das Unternehmen will landesweite Ladestationen und Wechselstationen für Elektrofahrzeuge aufbauen. Die Kunden müssen die teuren Batterien nicht selbst kaufen. Diese werden gestellt, im Gegenzug zahlt der Kunde pro Kilometer. In Deutschland gibt es noch keinen Termin für die Markteinführung.
taz: Herr Schumann, Ihr Chef Shai Agassi behauptet, mit ihm komme das Ende des Öls. Er übertreibt?
Rolf Schumann: Er hat sich einfach gefragt, wie man die Welt bis zum Jahr 2020 zu einem besseren Ort machen kann: indem wir die Abhängigkeit vom Öl reduzieren. 50 Prozent aller Ölressourcen gehen heute in Kraftstoffe. Wir wollen stattdessen elektrische Autos ausschließlich mit erneuerbarer Energie betreiben. Wenn wir Erfolg haben, werden uns andere kopieren, und Shai wird recht behalten.
Wie wollen Sie denn nun sicherstellen, dass der Strom auch tatsächlich aus erneuerbaren Quellen stammt und nicht etwa aus Atomkraftwerken?
Wir wissen, wie viele Kilometer unsere Kunden fahren werden, und damit, wie viel Strom sie verbrauchen. Diese Menge kaufen wir aus erneuerbaren Quellen ein und speisen sie ins Netz.
3 Cent soll der Kilometer bei Ihnen kosten. Rechnet sich das für den Verbraucher?
Wir zielen zu Beginn auf die Pendler ab. Die fahren 25.000 Kilometer im Jahr. Trotzdem würde sich ein Batteriefahrzeug erst nach 320.000 Kilometer refinanzieren, was über zehn Jahr dauern würde. Weil uns die Batterien gehören und wir sie in unseren Stationen wechseln, nutzen wir sie häufiger, dadurch werden wir wirtschaftlich. Heute kostet Sie ein Auto 300 bis 400 Euro im Monat. Wir geben die Garantie, dass es auf keinen Fall teurer wird, eher sogar billiger.
Sie wollen das mit staatlichen Geldern finanzieren.
Weil wir den Markt beschleunigen wollen. Nehmen wir an, wir finden in Deutschland einen Investor. Der kann hier investieren oder in China, wo der Staat gerade 29 Milliarden US-Dollar Förderung in Elektroautos reinpumpt, 60.000 Elektroautos bis 2012 auf den Straßen haben will und 13 Pilotstädte auf lange Sicht CO2-frei machen möchte. Wo würden Sie Ihr Geld investieren?
Sie haben jetzt 320 Millionen Euro Kapital eingesammelt. Was fehlt?
Da möchte ich noch keine Zahlen nennen. Aber wenn Sie in Infrastruktur investieren, verdienen Sie die ersten sieben bis acht Jahre nichts. Wir haben Leute, die nachhaltig und langfristig investieren, wie die Israel Corporation oder die Dänische Dong Energy. Alles Firmen, die heute mit Öl Geld verdienen und in unserem Konzept eine Zukunft sehen.
Wie laufen die Verhandlungen mit deutschen Investoren?
Wir verhandeln mit offenen Menschen, meist Privatpersonen, und suchen uns Investoren, die das Thema emotional gut finden. Sie haben erkannt, dass man mit Werten weiterkommt als mit brutalem Kapitalismus.
■ Die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) auf dem Frankfurter Messegelände gilt als weltgrößte Automesse. Vom 17. bis 27. September zeigen 781 Aussteller aus 30 Ländern Neuigkeiten und Trends der Branche. Damit trifft die Wirtschaftskrise auch die IAA: Bei der 62. Ausgabe vor zwei Jahren hatten sich noch 1.081 Aussteller präsentiert – also über 30 Prozent mehr. Die Zahl der angemeldeten Autohersteller ist um 7 Prozent auf 63 zurückgegangen. Die Ausstellungsfläche hat sich im Vergleich zu 2007 um 15 Prozent auf 190.000 Quadratmeter verringert. Erwartet werden 750.000 Besucher, vor zwei Jahren wurde ein Rekord von knapp 1 Million Besuchern erreicht. (dpa)
Israels Regierung will bis 2020 gänzlich ohne Öl im Verkehr auskommen, und Ihre Firma soll das umsetzen. Wie reagieren die Deutschen?
Die deutsche Politik weiß, dass ein großer Teil des Bruttoinlandsprodukts an der Autoindustrie hängt. Die Hersteller verdienen aber am Verbrennungsmotor am besten, da sind die Margen am höchsten. Und die haben eine starke Lobby. Die leben noch in ihrer Benzinwelt.
„Better Place“ klingt sehr idealistisch. Aber auch Sie wollen im Endeffekt doch Geld verdienen.
Da gibt es andere Möglichkeiten, mit denen das schneller gehen würde. Und wir machen die Welt nicht besser, das können nur die Konsumenten. INGO ARZT