: Verrannt bis ins Gefängnis
Viereinhalb Jahre Gefängnis für den langjährigen Funktionär der Kritischen Polizisten, Thomas Wüppesahl: Schwurgericht verurteilt den 49-Jährigen wegen der Planung eines Raubmordes sowie illegalen Waffenbesitzes
Von Elke Spanner
Thomas Wüppesahl versucht, seinen Schock hinter geschäftigem Mitschreiben zu verbergen. Soeben noch hatte er den Spieß umgedreht und sich in seinem letzten Wort als Opfer staatlicher Intrigen dargestellt. Doch dann hat das Oberlandesgericht (OLG) ihn zum Täter erklärt: Die Schwurgerichtskammer verurteilte den Kripobeamten und langjährigen Funktionär der „Arbeitsgemeinschaft Kritischer Polizisten“ gestern zu viereinhalb Jahren Haft wegen versuchter Beteiligung an Mord und Raub mit Todesfolge sowie illegalem Waffenbesitz. Wird das Urteil rechtskräftig, verliert Wüppesahl seinen Beamtenstatus. Mit seiner Laufbahn als Polizist ist es dann vorbei.
Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Jahre Haft gefordert, die Verteidigung Freispruch für ihren Mandanten. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Wüppesahl plante, zusammen mit einem Freund in Berlin einen Geldtransporter zu überfallen, den Boten zu erschießen und ihm mit einem Fleischerbeil den Arm abzuhacken. Seine finanzielle Situation sei prekär, „wenn nicht zu sagen schlimm“ gewesen, erkannte das Gericht als Tatmotiv. Zwar sei die Planung unter den Augen der Polizei erfolgt – jener Freund, Andreas Sch., hatte Wüppesahl angezeigt und zum Schein die Tatwaffe besorgt. Durch das eigene Mittun habe der Staat aber seinen Strafanspruch nicht verwirkt, weil die Initiative zur Tat von Wüppesahl selber ausgegangen war.
Auch dessen Verteidiger Peter Wulff hat in seinem Plädoyer gestern Vormittag die Verantwortung für das Geschehene bei seinem Mandanten verortet und sich von dessen Version distanziert. Wüppesahl selbst hatte seine Anklage als Staatsschutzskandal dargestellt: Der Kronzeuge Andreas Sch. sei schon seit Jahren als Vertrauensmann (V-Mann) der Polizei auf ihn angesetzt gewesen. Diese „pervertierte Präventionspolitik“ von Polizei und Staatsanwaltschaft habe er zu enttarnen versucht, indem er die Verbrechensplanung inszenierte und Andreas Sch. darin verwickelte.
Wulff hingegen betonte, er sei „nicht der Auffassung, dass Andreas Sch. zu irgendeinem Zeitpunkt als V-Mann (...) angesetzt war“ – wenn die Ermittler auch freudig die Gelegenheit hätten nutzen wollen, den notorischen Quertreiber Wüppesahl „ein für allemal loszuwerden“. Dass der Kronzeuge seinen Freund der Polizei auslieferte, habe andere, rein persönliche Gründe gehabt: Andreas Sch., mutmaßte Wulff, habe sich dadurch von einer Freundschaft befreit, gegen die sich in ihm seit Jahren Aggressionen aufgestaut hätten. Wahrscheinlich habe sich Sch. von Wüppesahl „wie ein Laufbursche behandelt gefühlt“.
Wenn er selbst die V-Mann-Version auch für falsch hält, zeigte sich Wulff dennoch überzeugt, dass der Angeklagte sich in diese Idee verrannt hatte – und Sch. tatsächlich entlarven wollte. Deshalb, so Wulff, habe er diesen „aberwitzigen Plan“ entworfen, der „an Abenteuertum und Naivität nicht zu überbieten“ sei. Der angeblich geplante Raubmord sei offensichtlich undurchführbar. Dass Wüppesahl die Tat nie wirklich begehen wollte, sei daran abzulesen, dass er sich standhaft geweigert hatte, seinem vermeintlichen Komplizen den Tatort zu zeigen.
An das Oberlandesgericht appellierte der Verteidiger, bei der Urteilsfindung die Persönlichkeit Wüppesahls zu berücksichtigen. Der habe sich in den vergangenen Jahren immer mehr „Feinde und Feindbilder“ geschaffen. Auch in diesem Prozess hatte er immer wieder ausschweifende Beschuldigungen und Verdachtsmomente gegen alle Beteiligten kundgetan. Seine Version des Geschehens entspreche „voll und ganz dem von mir gewonnenen Persönlichkeitsbild von Wüppesahl“.
Das Gericht hat die Persönlichkeit Wüppesahls nur mit einem Satz bedacht: „Die Tat war ernst gemeint, denn der Angeklagte ist kaltblütig genug, das durchzuführen.“