: Treffpunkt an der Themse
Die britische Hauptstadt ist seit Jahren ein Sammelplatz berüchtigter Islamisten
BERLIN taz ■ London ist seit langem eine Zufluchtstätte für Islamisten aus aller Welt. Dank der großzügigen britischen Asylpolitik ließen sich hier all diejenigen nieder, die durch ihr radikales Religionsverständnis in ihrer Heimat aneckten. Sie machen in London seit Jahren weitgehend ungestört Propaganda – und mehr. In der britischen Hauptstadt fließen, so zeigen zahlreiche Untersuchungen, die Finanzströme der al-Qaida zusammen.
Als sich die Terroristen von Madrid durch ein Selbstmordattentat der Verhaftung entzogen, riefen sie eine Londoner Handynummer an. Ussama Bin Laden soll von den Bergen Afghanistans vor dem 11. September 2001 unzählige Telefonate nach London getätigt haben. „Londonistan“ wird die britische Hauptstadt in Ländern wie Algerien gern genannt.
So manche Moschee ist fest in den Händen der Radikalen. Der Islam sei überlegen, der Westen unterdrücke die Muslime, die Terroristen vom 11. September in New York und Washington seien „Märtyrer für eine gerechte Sache“, hetzte der aus Ägypten stammende Abu Hamzah Freitags in der Finsbury-Park-Moschee. Radikale Muslime, die nach London kamen und keine Unterkunft fanden, nahm Abu Hamzah in der Moschee auf. Zahlreiche dieser jungen Männer wurden in Ausbildungslager nach Afghanistan geschickt. Vor dem Gebetsraum wurde ganz offen Geld für den Dschihad gesammelt. Egal, wo in Europa ermittelt wird, die Spuren laufen immer wieder zu Abu Hamzah.
Unter den Besuchern seiner Moschee waren unter anderen der „Schuhbomber“ Richard Reid, der Ende 2001 ein Flugzeug auf dem Weg von Paris nach Miami in die Luft sprengen wollte, und der in den USA inhaftierte Terrorverdächtige Zacarias Moussaoui. Auch der Algerier Djamel Beghal soll in Finsbury Park verkehrt haben. Er war bis zu seiner Verhaftung Operationschef von al-Qaida in Europa.
Als die Polizei die Moschee schließen ließ, machte der aus Ägypten stammende Abu Hamzah auf der Straße vor der Moschee weiter. Der Spuk hatte erst ein Ende, als Abu Hamzah, der in Afghanistan eine Hand und ein Auge verlor, im Mai 2004 verhaftet wurde. Am Dienstag begann der Prozess gegen ihn. Der Imam wird beschuldigt, zu Gewalt und Mord an Andersgläubigen aufgerufen zu haben. Die Vereinigten Staaten fordern seine Auslieferung. Die US-Behörden werfen ihm vor, er habe in Oregon ein Ausbildungslager aufbauen wollen. Außerdem soll Abu Hamzah enge Kontakte zu al-Qaida unterhalten und an einer Geiselnahme im Jemen 1998 beteiligt gewesen sein.
Eine der schillerndsten Figuren der Londoner Islamistenszene ist Omar Bakri Mohamed. Die Organisation al-Muhajiroun, die der Syrier gründete, verbreitet die Idee vom großen Kalifat und will die Kader dafür bilden. Terrorspezialisten warnten immer wieder: Leute wie Omar Bakri und Abu Hamzah sollen mehrere tausend gewaltbereite Islamisten herangezogen haben.
REINER WANDLER