: Von wegen wettbewerbsfähig
Die BSAG ist derzeit das teuerste Nahverkehrsunternehmen vergleichbarer Großstädte, das haben die Gutachter von Bruns&Fetzer ermittelt. Bis zum Jahre 2010 soll jetzt kräftig gespart und Skurrilitäten abgeschafft werden
Bremen taz ■ Vier Monate lang haben die Gutachter von „Bruns&Fetzer“ den Betrieb der Bremer Straßenbahn durchleuchtet – nach ihren „ersten Ergebnissen“, so teilten Vorstand und Betriebsrat der BSAG diese Woche mit, „ist die BSAG auf dem richtigen Kurs“. Nachverhandlungen seien nicht notwendig, nur müsse das beschlossene Einsparpotenzial bis 2010 „um 1 bis 2 Prozent“ nachgebessert werden. „Mit freundlichen Grüßen“ – von Vorstand und Betriebsrat.
Diese demonstrative Einigkeit ist verwunderlich angesichts der vereinbarten Sparziele – nicht mehr 70 Millionen Euro Zuschuss wie derzeit, sondern nur noch 43 Millionen Euro will die Stadtgemeinde im Jahre 2010 zahlen. Den wesentlichen Teil der Sparsumme sollte die BSAG durch geringere Personalkosten einsparen. Nur dann, das war im vergangenen Jahr bei den harten Verhandlungen klar, wäre die BSAG wettbewerbsfähig. Und nur wenn der öffentliche Nahverkehr nachweislich wettbewerbsfähig arbeitet, darf eine Kommune nach den Vorgaben der EU auf die öffentliche Ausschreibung der Verkehrs-Dienstleistung verzichten.
Ist die BSAG dann wettbewerbsfähig, das war die Frage an die Gutachter. Sie wählten acht Vergleichsbetriebe aus: Die BSAG liegt da in allen Benchmark-Positionen an der Spitze, was die Kosten angeht. Zum Beispiel die Busse. Ein Kilometer Fahrbetrieb eines Busses, Betriebshof und den Fahrzeig-Service anteilig hinzugerechnet, kostet 4,34 Euro, der Durchschnitt der acht Vergleichsunternehmen liegt bei 3,74 Euro, der „best practice“-Betrieb kommt mit 3,57 Euro aus.
Bei der Straßenbahn ist es ähnlich. Dass die BSAG so teuer ist, liegt wesentlich an den Personalkosten: Beim Busverkehr machen die Personalkosten pro gefahrenem Kilometer 2,29 Euro aus, bei der Bahn 2,51 Euro. Die Vergleichsunternehmen liegen alle niedriger – zwischen 1,72 und 2,11 Euro. Auch die Instandhaltung ist bei der BSAG 30 Prozent teurer als im Durchschnitt der Vergleichsbetriebe.
Die vereinbarten Sparziele reichen nicht aus, sagen die Gutachter: Liegt die BSAG derzeit um 45 Prozent über dem wettbewerbsfähigen Kostenniveau, wird sie am Ende der geplanten Neustrukturierung noch um 23 Prozent darüber liegen.
Die „Lenkungsgruppe“ von Bauressort und BSAG hat dieser Tage das Ergebnis des Gutachtens debattiert. Ergebnis für den Bausenator: Die BSAG muss ihre Kosten um weitere sechs Millionen Euro senken, damit ihr Angebot als „wettbewerbsfähig“ gelten und der Senat auf eine Ausschreibung für den freien Wettbewerb verzichten.
Dass die BSAG der Stadt so lieb und teuer war, hat natürlich sozialdemokratische Tradition. Die hatte Auswirkungen – bis in die Führungsstruktur. Zum Beispiel hängt das Jahresgehalt von BSAG-Vorstand Georg Drechsler zu einem Drittel von Tantiemen ab. Wenn der erforderliche Zuschuss der Stadtgemeinde sinkt, steigt die Tantieme, zum Beispiel. Nun sinkt dieser vereinbarte städtische Zuschuss aber auch, wenn der Beitrag, den die BSAG für den (entgeltfreien) Transport von Schwerbehinderten bekommt, steigt. In den Jahren 1996 bis 2002 (Behindertenzahl konstant ca. 5 Prozent), stieg der Anteil der durch ein Tochterunternehmen der BSAG ermittelten Behinderten-Fahrten von 8 Prozent auf knapp 16 Prozent an. Die Folge: Die Vorstands-Tantieme wuchs kräftig. Derzeit wird verhandelt, die Schwerbehinderten-Zulage auf eine konstante Summe zu begrenzen und die Zählerei mit ihren wundersamen Ergebnissen zu beenden. kawe