: Wie sagen, was Sache ist?
Islamische Organisationen verurteilen die Londoner Attentate scharf. Uneinigkeit herrscht in der Frage, ob Presseerklärungen reichen – oder ob die Organisationen nicht mehr tun müssten
VON WALTRAUD SCHWAB
Seit den Terroranschlägen in New York, Madrid und jetzt in London sind die islamischen Verbände im Zugzwang, deutlich zu machen, dass diese Anschläge nicht im Sinne der Muslime, die sie vertreten, geschehen. So wie der Zentralrat der Muslime und der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland schreibt etwa auch die Islamische Föderation Berlin, solch eine Tat sei mit keiner Ideologie und keiner Religion moralisch zu legitimieren.
Dass die Distanzierungen der islamischen Verbände nicht in der deutschen Öffentlichkeit ankommen, schreiben die Organisationen vielfach dem Desinteresse der Medien zu. „Das liegt nicht an den islamischen Institutionen, es liegt an der Presse, dass das so wenig kommuniziert wird“, meint Burhan Kesici von der Islamischen Föderation Berlin. Die Statements dieser Föderation sind deshalb von Interesse, da sie – gerichtlich bestätigt – als Tarnorganisation von Milli Görüs gilt. Die Organisation wird vom Verfassungsschutz als größte islamistische Gruppierung in der Stadt eingestuft, die Religion mit Machtanspruch verbindet.
Auf die Frage, wie die Föderation ihre Stimme gegen den Terror deutlicher in die Waagschale werfen könne, meint Kesici, es werde alles getan. Wie auch Mohammed Herzog von der Islamischen Gemeinschaft deutschsprachiger Muslime Berlin sieht er keinen anderen Weg, als die Ablehnung des Terrors über die Medien öffentlich zu machen.
Abdul Hadi Christian Hoffmann von der letztes Jahr in Berlin gegründeten Muslimischen Akademie will nur als Privatperson sprechen. Allerdings sieht er die Notwendigkeit, dass die Verbände mit ihren Distanzierungen endlich in der Öffentlichkeit durchkommen, „weil permanent fragend unterstellt wird, ob nicht der Islam die Grundlage von Terror sein könnte“. Der Schaden, den sie der Religion zufügen, sei enorm. „Ich als Muslim empfinde Terroristen als Verräter an der friedlichen Botschaft meines Glaubens.“
Vehementer und selbstkritischer argumentiert der Jurist Abdurrahim Vural von der Islamischen Religionsgemeinschaft. Die Körperschaft öffentlichen Rechts gehört zum Zentralrat der Muslime in Deutschland und hat deshalb keine eigene Presseerklärung herausgegeben. „Naturgemäß verurteilen wir in schärfster Weise die Leute, die so was machen.“ Er ist der Meinung, dass die islamischen Organisationen nicht genug tun, um das Fatale des Terrorismus offen zu legen. „Wir müssen daran arbeiten. Wir glauben, dass wir zu zurückhaltend waren. Die Terroristen meinen, sie kämen für ihre Aktionen ins Paradies, und was machen unsere Organisationen? Sie machen Presseerklärungen. Das ist eine Scheinaktion.“
Vural ist der Meinung, dass die Organisationen viel mehr Aufklärungsarbeit nach außen und innen leisten müssen. Nach außen, weil der Terror den Islam diskreditiert. „Es ist eine Beleidigung unseres Glaubens.“ Nach innen aber, weil sich unter islamischen Terroristen der Irrglaube halte, sie würden für ihre Taten im ewigen Leben auch noch belohnt.