Die neue beeindruckende Arbeitsatmosphäre beim 1. FC Köln

Der 1. FC Köln will sich endlich wieder in der Bundesliga etablieren. Die Hoffnungen am Rhein verknüpfen sich vor allem mit der Trainings-Arbeit des visionären Neu-Trainers Uwe Rapolder. Auch Superstar Lukas Podolski könnte ein Baustein für die mittelfristige Zukunft bleiben. Er dementiert Gerüchte um einen baldigen Wechsel zu Bayern München

DUISBURG taz ■ Der neue Trainer des Bundesliga-Aufsteigers 1.FC Köln, Uwe Rapolder, sorgt schon im Training für ein neues FC-Gefühl. Die Spieler verfallen in einen Zustand höchster Konzentration, die so greifbar ist, dass auch die Zuschauer rund um den Trainingsrasen in die Inhalte der Übung versinken und höchstens flüstern, wenn sie einen Kommentar los werden wollen. Mit großer Leidenschaft wird geübt, aufmunternd kommuniziert, meinungsfreudig diskutiert – solch eine beeindruckende Arbeitsatmosphäre hat schon lange kein Trainer mehr in den Kölner Trainingsalltag hinein gezaubert. „Wir trainieren hier mit einer bemerkenswerten Intensität, nicht nur körperlich“, sagt Mittelfeldspieler Christian Rahn, und wagt direkt eine Prognose über die Wirkung dieser neuen Arbeitshaltung: „Ich glaube, die Mannschaft wird sich ganz anders präsentieren als unter dem Trainer Huub Stevens.“

Rapolder scheint seinen Ruf zu bestätigen. Er gilt als gewiefter Taktiker. Mit Arminia Bielefeld hat er in der vergangenen Saison den Begriff vom Konzeptfußball geprägt. In Köln definiert er vor jeder Trainingseinheit die Ziele des Tages, lässt den Spielern Raum für eigene Gedanken und während des Trainings lobt er nicht etwa gelungene Weitschüsse oder exakte Flanken – er applaudiert, wenn seine Spieler sich mit schnellen kurzen Pässen aus der Bedrängnis befreien. Diese Fähigkeit hat man lange nicht gesehen in Köln. Neuzugang Dimitrios Grammozis meint, „wir werden von Tag zu Tag besser, das Training ist darauf ausgelegt, viele taktische Feinheiten zu erarbeiten“, und Rapolder kann nach gut zwei Wochen schon erkennen, wie sich sein Team weiter entwickelt. „Die Mannschaft macht einen sehr willigen Eindruck, sie fängt an, so Fußball zu spielen, wie wir uns das vorstellen.“

In der vergangenen Saison wurde trotz des durchschlagenden Erfolges viel geschimpft über das wenig attraktive Spiel der Kölner. Das abzustellen gilt als elementares Ziel. Denn es wird langsam Zeit, dass ein langer Prozess endlich sein erfolgreiches Ende findet. Seit nunmehr drei Jahren versucht Manager Andreas Rettig diese Mannschaft so umzubauen, dass sie einen konkurrenzfähigen, modernen Fußball spielt – die Trainer Funkel, Koller und Stevens wurden dabei verschlissen. Alte Recken, die irgendwie zu gut waren, um sie fort zu schicken, und zu schwach, um die Mannschaft weiter zu bringen, standen der Entwicklung ebenso im Weg wie eine Pechsträhne bei den Neuverpflichtungen.

Von den ewigen Auf- und Absteigern sind noch Matthias Scherz, Carsten Cullmann und Christian Springer übrig, neu hinzu kamen die Stürmer Peter Madsen (VfL Bochum), Imre Szabics (VfB Stuttgart) und Patrick Helmes (Sportfreunde Siegen), für die Abwehr hat man die Talente Marvin Matip (Bochum) und Björn Schlicke (HSV) geholt. Jetzt fehlt noch ein erfahrener Innenverteidiger, der die Jungen führen kann. Eine Einigung mit Murat Yakin vom FC Basel steht kurz bevor. „Wir sind jetzt sehr gut aufgestellt“, sagt Rapolder, der atmosphärisch Parallelen zum vergangenen Jahr in Bielefeld erkennt. „Der Respekt untereinander ist hervorragend.“

Störend wirkt da einzig das mediale Getöse um einen Abwesenden. Bild druckte ein Zitat Lukas Podolskis, der Stürmer werde bereits „nächstes Jahr“ zu den Bayern wechseln stand dort. Das hatte der junge Liebling der Massen offenbar auch gesagt, bei den beiden Worten handelte es sich Angaben der Podolski-Berater allerdings nur um ein Fragment der Aussage. Die ganze Antwort auf die Frage, wann Podolski denn nach München komme, lautete: „Nächstes Jahr, wenn wir mit dem FC bei den Bayern spielen.“ Eine Posse, die drei Tage hielt. Rapolder lässt sich von solchen Manövern allerdings nicht aus der Ruhe bringen. „Bis jetzt ist es mir in jedem Umfeld gelungen, meine Art von Fußball durchzusetzen“, sagt er entschlossen, „außer in Ahlen, wo die Spieler nicht ausreichend viel laufen konnten“.

Am Ende stehen also auch bei Uwe Rapolder Laufbereitschaft und Leidenschaft im Mittelpunkt. Und der 47-Jährige scheint ein Spezialist zu sein im Herbeizaubern dieser Tugenden. „Das Geheimnis ist die Ansprache“, erklärt der Trainer. „Das ist mein eigenes Feuer, meine eigene Leidenschaft, wenn ich von etwas begeistert bin, dann bekomme ich das normalerweise auch auf den anderen übertragen.“ Doch warum gelang es bislang nur ganz selten einmal einem Klub, mit diesen Tugenden länger als eine Saison individuelle Defizite im Kader zu kaschieren? Rapolder antwortet schnell und mit all seiner Überzeugungskraft in der Stimme: „Das ist nicht schwierig, man muss es nur tun.“ DANIEL THEWELEIT