: Einmalige Sause im Sauerstoffloch
Vor dem Elbbadetag am nächsten Sonntag erhitzen sich die Gemüter wegen der Elbvertiefungen und dem ökologischen Zustand des Flusses. Umweltschützer warnen erneut vor Fischsterben, die DLRG davor, Sog und Strömung zu unterschätzen
Von Sven-Michael Veit
Die Schirmherrin hofft auf 100.000 Aktive und eine besonders hohe Beteiligung in Hamburg. Mit „Gemeinschaftsgefühl“ möchte Angelika Jahr das Projekt „Lebendige Elbe“ stärken, in diesem Jahr mit dem zweiten Elbbadetag am kommenden Sonntag. „Die längste Flussbadeanstalt der Welt“ soll das werden mit Aktionen in etwa 55 Orten entlang der Elbe – und natürlich auch in der Hansestadt. Dort wird in der Hafencity gebadet werden (siehe Kasten).
Kritik jedoch kommt bereits vom Hamburger Umweltschutzverein „Rettet die Elbe“. Vordringlich sei, „der Elbe wirklich zu helfen, statt die Probleme in einer einmaligen Sause zu verschleiern“, teilte der Verein gestern mit: „Baden ist jetzt nicht so wichtig.“ Stattdessen sollten die Maßnahmen eingestellt werden, die „katastrophale Auswirkungen“ auf das Ökosystem des Flusses hätten.
Mehrfache Elbvertiefungen für Riesen-Containerschiffe und die „ständigen Unterhaltsbaggerungen“ auf der Flusssohle sowie die Vernichtung von Flachwassergebieten wie im Mühlenberger Loch für die Erweiterung der Airbus-Flugzeugwerft müssten gestoppt werden, fordern die Umweltschützer, „um die Situation nicht weiter zu verschärfen“.
Ziel des Elbbadetages ist die Sensibilisierung der Menschen für die ökologische Bedeutung von Flüssen wie der Elbe: „Wir unterstützen die Europäische Wasserrahmenrichtlinie, mit der bis zum Jahr 2015 ein guter ökologischer Zustand der Flüsse in Europa erreicht werden soll“, erläuterte Jahr in einem dpa-Gespräch. Die Elbe habe dabei schon einen Vorsprung, mittlerweile lebten dort wieder 104 Fischarten. In den Anstrengungen dürfe man jedoch nicht nachlassen: „Es muss ständig weiter daran gearbeitet werden, die Elbe nicht nur sauber, sondern auch ökologisch lebendig zu halten“, mahnt Jahr.
Dazu unterstützt das Projekt „Lebendige Elbe“ die mehr als 400 Umweltorganisationen und Naturfreunde entlang des Flusses. Ein weiteres Ziel sei es, dass mindestens Teile der „einmaligen Flusslandschaft“ in das Weltkulturerbeverzeichnis der UNESCO aufgenommen werden.
Über das „Bad im Sauerstoffloch“ hingegen höhnt „Rettet die Elbe“. Vor zwei Wochen hatte der Verein als Erster darauf hingewiesen, dass in diesem Sommer ein erneutes Fischsterben in der Elbe drohe. An zwei Messstellen sei der für Fische kritische Wert von drei Milligramm Sauerstoff pro Liter Wasser (mg/l) unterschritten, warnte der Verein (taz berichtete).
Vorige Woche sank der Wert sogar unter 1 mg/l, vereinzelt wurden bereits tote Fische angeschwemmt. „Überraschend kam die Katastrophe nicht“, meinen die Umweltschützer: Die Wirtschaftsbehörde baggere den Fluss aus, und die Umweltbehörde schweige.
Derweil fehlt noch immer jede Spur von dem Mann, der am Sonntag in der Elbe ertrunken ist. Der 48-Jährige war am Finkenried in Wilhelmsburg im Fluss untergegangen. Nach Aussagen von Augenzeugen war er etwa 25 Meter vom Ufer entfernt, als ihn im Wasser die Kräfte verließen. Zunächst habe er versucht, sich an einer Boje festzuhalten, dann habe die Strömung ihn mitgerissen. Vier Boote der Wasserschutzpolizei, ein Hubschrauber und Privatboote hatten bis Einbruch der Dunkelheit mehrere Stunden lang erfolglos nach dem Mann gesucht.
Finkenried ist eine nicht offizielle Badestelle. Wer dort in den Fluss geht, tut dies auf eigene Gefahr. Zwar hat dort die DLRG einen Beobachtungsstand, der aber war am Sonntag nicht besetzt. Es gebe nicht genügend freiwillige Helfer, teilte die DLRG mit, vor allem nicht in der Ferienzeit. Es sollte „nur an den ausgewiesenen Stellen gebadet werden“, mahnte die Gesellschaft gestern erneut. Und warnte davor, „Strömungsgeschwindigkeit und Sogwirkungen des Flusses zu unterschätzen“.