piwik no script img

berliner szenen„It’s a pigeon sex swing!“

Auf meinem Balkon haben sich Tauben eingenistet. Dem Vogeldreck nach zu urteilen sind es mehrere tausend. Nachdem ich eine Weile lang Vogelabwehrmaßnahmen gegoogelt habe, entscheide ich mich für einen Plastikfalken, den ich aufs Fensterbrett setze. Leider ist den Tauben der Falke völlig egal, bereits am nächsten Morgen nippen drei dicke Vögel freundschaftlich an seinen Flügeln, und schon ist mein Balkon wieder reif für eine maschinelle Hochdruckreinigung. Als ich zugegebenermaßen zu spät die Online-Rezensionen lese, erkenne ich, dass ich es vorher hätte wissen müssen, denn jeder zweite Käufer berichtete von einem Akt rührender Verbrüderung. Ob Tauben, Amseln oder Spatzen – der niedliche Falke kriegte sie alle. Schließlich befestigte ich mehrere Meter silbrig reflektierender Bänder an der Brüstung. Der Blick aus dem Fenster war nun gewöhnungsbedürftig, doch die Vögel blieben weg! „Wie bei meiner Netzhautablösung“, sagte meine Oma, „nur lauter.“ Kaum hatte ich mich mit dem Knistern abgefunden, drohte die Hausverwaltung mit Kündigung. Genervt suchte ich weiter. Die Eule mit Wind-Wackelfunktion des Kopfes schien so niedlich zu sein, dass ganze Zugvogelscharen ihre jährliche Flugroute änderten – ich bestellte eine Gruppe Raubvögel im Sinkflug. Als ich am nächsten Morgen auf den Balkon trat, saß auf jedem der drei Falken ein Taubenpaar und vögelte gelassen wippend vor sich hin. Wieder hatte ich die Online-Rezensionen zu spät gelesen. „It’s a pigeon sex swing“, schrieb Natasha aus England, und wer unsicheren Taubensex befördern möge, kaufe den wippenden Falken. Immerhin 39 Personen fanden diese Information hilfreich. Ernüchtert erwarb ich einen maschinellen Hochdruckreiniger. Ab und an erwische ich damit sogar eine Taube.

Eva Mirasol

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen