: Uni-Pakt mit Fallstricken
Niedersachsens Hochschulen bekommen bis zum Jahr 2010 einen gleichbleibenden Zuschuss des Landes. Dennoch wird gekürzt, um ein „Geschenk“ der Landesregierung geht es wohl kaum
von Kai Schöneberg
Nein, es handle sich nicht um einen „PR-Gag“, betonte CDU-Ministerpräsident Christian Wulff. Vielmehr gehe es beim gestern vom niedersächsischen Kabinett abgesegneten „Zukunftsvertrag“ um „gewaltige Zugeständnisse“ und um ein „Geschenk“ der schwarz-gelben Landesregierung an die 17 niedersächsischen Hochschulen.
Fakt ist offenbar: Gegen den Widerstand von Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) haben Wulff und Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) durchgesetzt, dass die Hochschulen bis zum Jahr 2010 einen gleichbleibenden Betrag in Höhe von jährlich etwa zwei Milliarden Euro vom Land bekommen. Außerdem sollen sie die Einnahmen aus den Studiengebühren – Stratmann rechnet mit etwa 100 Millionen Euro jährlich – behalten dürfen.
Hört sich gut an, in anderen Etats wird schließlich gekürzt. Im Kleingedruckten sind jedoch eine Menge Fallstricke für die Finanzierung von Forschung und Lehre enthalten. Allerdings wäre „eine Stimmung des Pessimismus“ ausgebrochen, wenn man sich nicht geeinigt hätte, sagte Kurt von Figura, der Vorsitzende der Landeshochschulkonferenz und Präsident der Uni Göttingen gestern. Von Figura hatte in der Vergangenheit mehrfach damit gedroht, den Pakt platzen zu lassen. Und dann doch geschluckt, dass Tarifsteigerungen für die Hochschulbeschäftigten bis zu einer Höhe von 0,8 Prozent künftig von den Unis selbst getragen werden müssen. Das entspräche etwa acht Millionen Euro jährlich. Nun sind auch alle anderen Landesbetriebe wie Gefängnisse oder Krankenhäuser von der 0,8-Prozent-Regelung betroffen. Das hatten die Hochschulpräsidenten durchgesetzt, weil sie keine „Sonderopfer“ tragen wollten.
Nicht nur deshalb sprach die SPD gestern davon, dass der „Zukunftsvertrag“ ein „finanzielles Desaster“ für die Hochschulen bedeute. Insgesamt kürze das Land bei Hochschulen durch den „Zukunftsvertrag“ knapp 42 Millionen Euro pro Jahr, so eine Sprecherin. Stratmann wolle nämlich jedes Jahr allein etwa 25 Millionen Euro für die Rekrutierung qualifizierter Wissenschaftler sparen, ärgerte sich die SPD-Wissenschaftsexpertin Gabi Andretta. Die Gelder für das Locken hochkarätiger Professoren sollen die Universitäten künftig selbst aufbringen.
Trotz Pakt will Stratmann zudem 14,5 Millionen Euro für Baumaßnahmen an den Unis auf das Jahr 2007 verschieben. Das bedeute nicht, „dass irgendwo Dächer zusammenbrechen“, meinte Stratmann. Allerdings könnten der Bau einer Mensa an der Wolfsburger Fachhochschule oder der „Kulturtempel“, ein neues Gebäude für Geisteswissenschaftler an der Uni Göttingen, betroffen sein.
Die Studiengebühren, die ab dem Wintersemester 2006/2007 eingeführt werden sollen, würden im Haushaltsloch verschwinden, ätzte die hochschulpolitische Sprecherin Gabriele Heinen-Kljajic. Die Unis hätten sich „ein faules Ei“ von Stratmann ins Nest legen lassen. Die Landes-ASten-Konferenz forderte prompt den Rücktritt des Ministers. Nachdem bereits in den vergangenen Jahren 50 Millionen Euro bei den Unis gekürzt worden waren, habe die CDU auch ihr Wahlversprechen gebrochen, dass das Erststudium gebührenfrei bleibt. Bei den neuen Kürzungen habe sich Stratmann erneut nicht vor die Wissenschaft gestellt. „Die Qualität der Hochschulen und die Zukunft der Studierenden spielen in Ihren Plänen offensichtlich keine Rolle“, heißt es in einer Mitteilung der Studentenvertreter. „Der ‚Zukunftsvertrag‘ bringt nur in einem einzigen Punkt Sicherheit“, sagte die SPDlerin Andretta: „Er sorgt dafür, dass die niedersächsischen Hochschulen im nationalen und internationalen Wettbewerb weiter zurückfallen.“