: Die Jäger und der Spendensammler
Der ehemalige Vorsitzende des Vereins Al Aqsa in Aachen soll abgeschoben werden. Doch das wird schwer: Der Verein wurde wegen Spenden für militante Palästinenser längst verboten. Und Mahmoud Amr ist abgetaucht
AACHEN taz ■ Für Menschen, die dem militärischen Arm der palästinensischen Hamas zuarbeiten, sei in Aachen eben „kein Platz,“ sagte Oberbürgermeister Jürgen Linden (SPD) am Dienstag. Gemeint war Mahmoud Amr. Doch ganz so einfach wird es nicht mit der Abschiebung des Jordaniers, der einst Vorsitzender des mittlerweile verbotenen Aachener Spendensammelvereins Al Aqsa war.
So sah das Verwaltungsgericht (VG) Aachen zu Wochenanfang keine Gefahr im Verzug, weil die Organisation Al Aqsa nicht mehr bestehe. Die Abschiebung Amrs wurde demnach bis zur neuerlichen Entscheidung auf Bezirksebene ausgesetzt. Andererseits merkte das Gericht jedoch an, dass der 48-Jährige nicht über eine gültige Aufenthaltserlaubnis verfüge. So könnte der einstige Al-Aqsa-Funktionär dennoch umgehend abgeschoben werden. Aber dazu müsste man Amr erst einmal finden.
Al Aqsa war im August 2002 verboten worden. Mit den gesammelten Spenden habe der Verein, so Innenminister Otto Schily, „unter dem Deckmantel angeblich rein humanitärer Zwecke“ angeblich Anschläge der Hamas finanziell unterstützt. Der Verein selbst bestritt stets, Gewalt zu fördern. Vielmehr habe er etwa palästinensischen Familien von Opfern des Nahost-Konflikts geholfen – darunter aber wohl auch Angehörigen von Selbstmordattentätern. Gegen das Verbot legte der Verein Widerspruch ein. Das Bundesverwaltungsgericht lehnte diesen jedoch im Dezember 2004 ab. Und auch Amr, der vor 28 Jahren zum Studium nach Deutschland gekommen war, sollte nach dem rechtskräftigen Verbot abgeschoben werden, legte aber dagegen Widerspruch ein.
Über die Zulässigkeit seines Widerspruchs entschied nun das Verwaltungsgericht Aachen zu Wochenbeginn. Zum einen setzte die Kammer die „sofortige Vollziehung der Ausweisungsverfügung“ gegen Amr aus, sah gleichzeitig aber die sofortige Abschiebung davon unberührt. Begründet wurde das damit, dass die Aufenthaltsgenehmigung des Jordaniers abgelaufen sei. Auch betonte die Kammer, es sei zulässig, den 48-Jährigen wegen seiner prominenten Position in dem verbotenen Verein auszuweisen, da dessen Arbeit den Strafgesetzen zuwiderlaufe „oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet“. Eine sofortige Abschiebung sei jedoch in diesem Punkt nicht gerechtfertigt, da keine akute Bedrohung mehr von Amr und dem nicht mehr existenten Verein ausgehe, so das VG.
„Amr siegt vor Gericht und verliert dennoch“, titelte dann die Lokalpresse zu der Entscheidung gegen die von der Stadtverwaltung verfügte Ausweisung. Aachens Oberbürgermeister Linden kommentierte das Urteil denn auch mit den Worten: „Die Stadt wird Herrn Amr ausweisen, sobald sie seiner habhaft geworden ist.“ Überdies sehe er entgegen dem VG sehr wohl ein öffentliches Interesse, Amr wegen dessen jahrelanger Vereinstätigkeit sofort abzuschieben, auch wenn er in den letzten Monaten kein Geld mehr gesammelt habe. Allerdings verwies Linden darauf, man werde das Bleiberecht von Amrs Frau und dreier Töchter unabhängig prüfen. Es gebe „keine Sippenhaft“, betonte der OB in einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Dienstag.
Derzeit fahndet die Polizei in Deutschland und den an Aachen grenzenden Niederlanden und Belgien nach dem Jordanier. Festgenommen habe man den Flüchtigen, auch trotz mehrmaliger „Hausbesuche“ bei der Meldeadresse seiner Familie, bislang jedoch nicht, so ein Polizeisprecher. MICHAEL KLARMANN