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Archiv-Artikel

Das Modell VW sturmreif schießen

betr.: „Die Skandal-AG“ (Der Filz bei Volkswagen), taz vom 6. 7. 05

Wenn man hinter die Kulissen sieht, wird man vor lauter Schmiere und Lustgeschenken kaum noch ein halbwegs ziviles und mit guten Wertvorstellungen geleitetes Unternehmen entdecken. Die Presse und die Medien machen da keine Ausnahme. Allerdings habe ich den leisen Verdacht, dass man bei der „Aufdeckung“ dieser „Volkswagen-Skandale“ nicht die Bereinigung unlauterer Geschäftspraktiken im Auge hat, sondern das „Modell VW“ sturmreif zu schießen gedenkt. Ein so mächtiger Konzern lädt doch förmlich die Börsenspekulanten ein, eine neue Spielwiese für ihre Zockerei zu kriegen.

Warum passt das so gut mit der Zielvorgabe zusammen, das VW-Gesetz zum Kippen zu bringen? Wieder eröffnen sich neue Anfangsgewinne! Da rollt der Euro, die Augen glänzen und in der Hose regt sich was. Erinnert sich noch jemand an die „Volksaktie“ aus den 60er-Jahren? Damals sollte auch einmal der Staatsbesitz abgebaut werden. Die ideologische Richtung zielte allerdings auf den 20 Kilometer entfernten „kommunistischen Osten“. Und man wollte den Menschen den Kapitalismus mit Volksaktien schmackhafter machen.

Nun haben wir seit 1990 den Direktsaft „Kapitalismus pur“. Mitbestimmung? Weg damit. Gewerkschaften? Altmodisch. Demokratie in der Wirtschaft dürfen wir gar nicht erst fordern – sonst geraten wir automatisch in Terrorismusverdacht.

JOHANNES PERTHEN, Hannover u. Bremen

Es mag an dieser Angelegenheit bezüglich der Bestechungsgelder für die Betriebsräte etwas Wahres sein, dennoch kommt sie terminlich für den VW-Konzern äußerst günstig; wollte dieser doch mit der Einführung eines neuen Schichtmodells, beginnend ab dem 15. August 2005, 67 Millionen einsparen; der Plan war ja schon dem Betriebsrat zur Mitbestimmung vorgelegt worden. Nur: dieser hatte Bedenken und beabsichtigte, diese mitbestimmungspflichtige Angelegenheit abzulehnen.

Denkbar wäre hier auch, dass die sicherlich schon länger bekannten Affären zunächst gefördert wurden, um sie jetzt, zum sicherlich dem Konzern Volkswagen geneigtesten Zeitpunkt, zu publizieren. Der „arme“ Herr Hartz, der in der Beliebtheitsskala der Bevölkerung ja nun nicht mehr ganz oben steht, wird es sicher verkraften, zumal diese Angelegenheit sicher noch einmal finanziell gewürzt würde. Und ob der neue Betriebsratsvorsitzende dem Schichtmodell weiterhin skeptisch gegenüber steht, oder ob es nun zum 15. 8. 2005 beginnt; diese Frage stellt sich sicherlich nicht mehr angesichts der Ereignisse. JOACHIM WEIFELS, Duisburg