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Archiv-Artikel

AMERICAN PIEWayne, nicht mehr wahrnehmbar

Eishockey-Legende Wayne Gretzky droht die Entlassung – noch vor dem Beginn der neuen NHL-Saison

In der Fußball-Bundesliga dauert es oft nur bis zum zweiten Spieltag, bis der erste Trainer infrage gestellt wird. Im nordamerikanischen Sport ist man da gewöhnlich etwas duldsamer. Nicht so dieses Jahr in der Eishockeyliga NHL: Der offizielle Spielbetrieb beginnt zwar erst Anfang Oktober, aber schon jetzt wird spekuliert über eine Ablösung des Trainers der Phoenix Coyotes, eines gewissen Wayne Gretzky.

Gretzky, unbestritten der beste Eishockeyspieler aller Zeiten, müht sich seit nun vier Jahren die alte Weisheit zu widerlegen, dass die besten Profis meist nicht allzu gute Trainer werden. Mit allerdings sehr mäßigem Erfolg: Kein einziges Mal unter seinen Verantwortung haben die Coyotes überhaupt nur die Playoffs erreicht.

Ob sich das in der neuen Saison ändern wird, ist zweifelhaft. Und ob das Gretzky miterleben wird, noch zweifelhafter. Tatsächlich ist der 48-Jährige schon jetzt nicht zu sehen: Die Mannschaft steckt mitten in der Vorbereitung, aber bei den ersten Testspielen steht Assistenztrainer Ulf Samuelsson allein hinter der Bande. Gretzky ist zwar offiziell der Trainer, er wird auch bezahlt, und das nicht schlecht mit 8 Millionen US-Dollars jährlich, aber er lässt sich trotzdem nicht blicken.

Der Grund ist die verworrene Situation bei den Coyotes. Es geht darum, wer das Team künftig kontrolliert. Und Gretzky, der einen minoritären Anteil des Klubs besitzt, fühlt sich wohl zu involviert in die Streitigkeiten, von denen nicht zuletzt sein Schicksal abhängt.

Doch wer demnächst bei den Coyotes das Sagen hat, das ist völlig unklar: Der aktuelle Besitzer Jerry Moyes möchte das Franchise gern verkaufen an den kanadischen Milliardär Jim Balsillie. Der ist Geschäftsführer der Firma, die das BlackBerry entwickelt hat, gilt der NHL allerdings nicht als vertrauenswürdig. Denn er will die Coyotes umziehen lassen von Arizona nach Hamilton, Ontario. Das aber widerspräche der Politik der NHL: Deren Klubs zogen bislang immer nur von Norden nach Süden, weg aus dem zwar eishockeyverrückten, aber vergleichsweise wirtschaftsschwachen Kanada in den durchgehend eisfreien, aber ökonomisch starken Süden der USA. Nun, dank Finanzkrise und mit einem schwächelnden US-Dollar, droht die Umkehrung dieses Trends. Aber die NHL will nicht zulassen, dass mit Phoenix ausgerechnet einer der größten Märkte verwaisen würde.

Die Auseinandersetzung beschäftigt mittlerweile die Justiz: Die NHL hat die Kontrolle über das Team übernommen, als Reaktion hat Besitzer Moyes die Insolvenz der Coyotes angemeldet. Heute ist mal wieder ein Gerichtstermin angesetzt: Richter Redfield T. Baum könnte in den nächsten Tagen entscheiden, ob das Franchise in Phoenix bleibt oder nach Kanada umzieht. Im zweiten Falle wäre mit allergrößter Wahrscheinlichkeit auch die Karriere des Trainers Wayne Gretzky beendet – und das noch vor dem Saisonstart. THOMAS WINKLER