: Lafontaine kommt zur Linkspartei nach Essen
An diesem Wochenende fällt die endgültige Entscheidung über das neue Linksbündnis. NRW-Landesvorstände von PDS und Wahlalternative bereiten seit Wochen die Kandidatenaufstellung für die mögliche Bundestagswahl vor
DÜSSELDORF taz ■ Zum Essener NRW-Parteitag am 30. Juli erwartet die Linkspartei (Noch: PDS) ihre großen Star. Oskar Lafontaine soll die letzten Zweifler an der Basis auf den gemeinsamen Bundestagswahlkampf einstimmen. „Gregor Gysi kann aus terminlichen Gründen leider nicht kommen“, so PDS-Landeschef Paul Schäfer gestern zur taz. In Essen soll Lafontaine offiziell zum Spitzenkandidaten des neuen Linksbündnisses gewählt werden. Zuvor muss allerdings noch ein Bundesparteitag an diesem Wochenende den Namenswechsel von PDS zur „Linkspartei“ absegnen. 80 Prozent der Mitglieder der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) stimmten der Kooperation mit der PDS zu. Parteisprecher Murat Cakir sprach von einer „klaren Mehrheit“ für das Linksbündnis aus PDS und WASG.
Seit Wochen bereiten die NRW-Landesvorstände beider Parteien den gemeinsamen Wahlauftritt zur möglichen Bundestagswahl im Herbst vor. Die WASG-NRW hatte bereits im Juni ihre Personalvorschläge beschlossen. Demnach soll Oskar Lafontaine auf Platz 1 der Linkspartei-Reserveliste stehen. Aufgrund seiner wirren „Fremdarbeiter“-Äußerungen muss sich Lafontaine in Essen allerdings auf Kritik der Linkspartei-Basis einstellen. „Natürlich muss auch er um seine Mehrheit kämpfen“, sagt PDS-Landeschef Schäfer.
Neben dem Saarländer sollen beim Essener Linkspartei-Konvent weitere WASG-Kandidaten gewählt werden. Die Favoriten für die Reserveliste der neuen Linkspartei-NRW zur Bundestagswahl sind: Oskar Lafontaine (WASG), Katina Schubert (PDS, Bonn), Ulla Lötzer (PDS, Dortmund), Inge Höger-Neuling (WASG, Herford). Auf weiteren Plätzen könnten die PDS-Politiker Schäfer (Köln) und Wolfgang Freye (Essen) sowie die WASG-Mitglieder Hüseyin Aydin (Duisburg) und Jürgen Klute (Herne) landen. Da die Liste von der Ex-PDS bei der Wahlleitung eingereicht wird, müssen aus wahlrechtlichen Gründen mehr PDS- als WASG-Mitglieder auf der Liste stehen.
Erreicht die Linkspartei im bevölkerungsreichsten Bundesland rund acht Prozent der Stimmen, könnten zehn Kandidaten aus NRW in den Bundestag rücken. Bei einem Wahlergebnis von zehn Prozent, könnten es 13 oder 14 Linkspartei-Kandidaten aus NRW nach Berlin schaffen.
Unterdessen erlebt die WASG im größten Bundesland einen Mitgliederzuwachs. „Täglich kommen viele neue Mitglieder dazu“, heißt es aus der Landesparteizentrale in Düsseldorf. Weil Neu-Mitglieder zeitgleich auf Kreis-, Landes- und Bundesebene erfasst werden, gibt es keine definitive Ziffer. „Wir bewegen uns in NRW auf 2.500 Mitglieder zu“, so Sprecher Cakir.
Innerhalb der WASG herrscht momentan Jubelstimmung. Aufgeputscht durch die zweistelligen Umfrageergebnisse der Linkspartei werden mögliche Konflikte eher verdrängt. Auch halbprominente Ex-Sozialdemokraten und frühere Grüne stoßen nun zur WASG-NRW. So ist Helmut Laakmann, legendärer Streiter beim 1987er Krupp-Arbeitskampf in Rheinhausen, nach 17 Jahren SPD-Mitgliedschaft zur WASG Duisburg übergetreten.
„Wir haben jetzt jede Woche zehn Neueintritte“, berichtet der Essener WASG-Chef Wim Ehlers, dessen Ortsverein rund 100 Mitglieder zählt. „Bei unserem letzten Treffen waren sogar Leute von der Jungen Union da“, so Ehlers. Einen Tag nach der Vorstellung des unsozialen Bundestagswahlprogramms durch CDU-Parteichefin Angela Merkel seien die JUler bei der Wahlalternative in Essen aufgetaucht, so Ehlers. Die Jungkonservativen seien enttäuscht vom Kahlschlagsprogramm der Union – sie suchten eine soziale Alternative.
MARTIN TEIGELER
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