: Radsportlerpatent macht Klauen einfacher
Fahrradteile sind ein beliebtes Diebesgut – auch weil sie leicht auszubauen sind. Der Schnellspanner macht’s möglich
BERLIN taz ■ RadfahrerInnen kennen das: Eines Morgens sind Sattel oder Vorderrad weg. Der Schnellspanner macht’s möglich: Einfach den Hebel umlegen, schon sind die Teile ausgebaut. „Freitag ist Sattelklautag“, sagt Thomas Heppner vom Fahrradladen „Zentralrad“ in Berlin. Samstags würden sie dann auf den Flohmärkten verkauft.
Allerdings bleibt es beim gefühlten Trend zum Sattelklau: Der Diebstahl von Einzelteilen wird nicht erfasst. Die Kriminalitätsstatistik weist nur aus, dass 2004 bundesweit 412.097 Fahrräder offiziell geklaut wurden – siebenmal so viele wie Autos.
Fachleute jedoch staunen, dass es den Dieben so leicht gemacht wird. Denn der Schnellspanner ist im Alltag überflüssig. Praktisch ist er nur für Freizeitradler, die keinen Dachgepäckträger besitzen und ihr Rad im Kofferraum verstauen wollen. „Der Einbau von Schnellspannern zeigt, dass die Fahrradindustrie ihre Zielgruppe nicht richtig einschätzt“, moniert Benno Koch vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC).
Vielleicht geht es ihr jedoch auch um – teure – Aufrüstung: Die Berliner Firma „Pitlock“ hat eine „kodierte Mutter“ erfunden, die sich nur mit einem individuell gefertigten Schlüssel lösen lässt. Die Kombination aus Radmutter und Codeschlüssel gibt es in über 250 Variationen. Bei einer Reifenpanne kann das Rad nur mit dem zugehörigen Codeschlüssel ausgebaut werden. Die Radmutter wird außerdem von einer Überwurfmutter geschützt, so dass Dieben auch eine Zange nichts nützt. Den Schnellspanner durch diese kodierten Muttern zu ersetzen, kostet allerdings: Das Sicherungsset für Vorder- und Hinterrad sowie den Sattel gibt’s für knapp 50 Euro.
Woher der Schnellspanner überhaupt kommt? Erfunden hat ihn der italienische Radsportler Tullio Campagnolo (1922–1930). In den Zwanzigerjahren besaßen die üblichen Hinterräder nur zwei Ritzel mit verschiedener Zähnezahl. Bergauf kämpften sich die Rennfahrer mit dem größeren. Auf dem Berggipfel musste das Hinterrad ausgebaut, herumgedreht und wieder eingebaut werden. Die schnelle Montage entschied über Sieg und Niederlage. Als Campagnolo im November 1927 in den Dolomiten sein Hinterrad wenden musste, bekam er die festgefrorenen Flügelmuttern nicht auf. „Bisogno cambiá qualcosa de drio!“ fluchte er. „Hinten muss sich etwas ändern!“ Und so erfand er den Schnellspanner, für den er 1930 sein erstes Patent erhielt. Freizeitradler ohne Dachgepäckträger sind bis heute dankbar. FABIAN KRÖGER