brief des tages:
Gesamtdeutscher Gedenktag
„9. November als Gedenktag?“, taz vom 8. 12. 20
In Deutschland wurde der 3. Oktober aufgrund des Einigungsvertrags als gesetzlichen Feiertag eingeführt und wird seitdem als „Tag der deutschen Einheit“ gefeiert. Allerdings regelt der Einigungsvertrag genau genommen nicht die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, sondern den Beitritt der DDR zur BRD, ein feiner Unterschied. Wer sich Art. 23 GG ansieht, wird feststellen, dass hier die Rechtsbeziehungen innerhalb des Bunds und zur Europäischen Union geregelt sind, ein ausdrücklicher Wiedervereinigungsartikel ist er damit nicht. Wir feiern also am 3. Oktober die Unterschrift unter ein Vertragswerk, zu dem das Volk nicht weiter befragt wurde. Jetzt, 30 Jahre nach der Einheit, kann man feststellen, dass der Osten in vielerlei Hinsicht benachteiligt wurde. Ob auch der Westen mit dieser Art der Wiedervereinigung Nachteile erlitt, wird überhaupt nicht erörtert. Der 9. November hingegen ist der Schicksalstag der deutschen Geschichte. Er ist ein würdiger Gedenktag für alle Deutschen und wäre ein weit besserer Tag der deutschen Einheit
Raimund Schorn-Lichtenthäler, Datteln
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