Monika Kruse und Strip Steve haben die gleichen Techno-Wurzeln, machen aber deswegen noch lange nicht dasselbe

Wenn zwei Leute dasselbe machen, ist es noch lange nicht das Gleiche. Und wenn das kein total bekloppter Satz ist, dann wird er im Folgenden hoffentlich von Strip Steve und Monika Kruse bewiesen, sonst krieg ich Ärger mit Bastian Sick – wer will den schon zum Feind haben?

Was ich meine: Sowohl Kruse, die Diva des Berliner Techno, als auch der aus Bordeaux stammende Wahlberliner Théo Pozoga mit dem Pseudonym Strip Steve, arbeiten als DJs und Produzenten prinzipiell mit vergleichbarem Ausgangsmaterial. Doch die Ergebnisse, zu denen sie jeweils gelangen, könnten kaum unterschiedlicher sein.

Die Grundlage beider ist der Techno, der sich auf die House-Tradition gründet – wenn auch bei Kruse noch nicht allzu lange. Erst auf ihrem letzten, vier Jahre alten Album „Changes of Perception“ hatte sie den strengen, puristischen, oft als minimal missverstandenen Berliner Techno aufgegeben, der sie bekannt gemacht hat, und hatte die Schönheit einer warmen Synthie-Fläche und eines verstörenden Vocal-Samples entdeckt.

Mit „Traces“ geht Kruse diesen Weg weiter, aber immer noch sind ihre Tracks monoton und wundervoll kühl. Unbeirrt zieht die Bassdrum ihre Bahn, wie in Zeitlupe wird die Spannung aufgebaut, nur langsam ändert sich die Stimmung. Plötzlich flattert die Ahnung eines afrikanischen Chors quer durch die stahlblaue Szenerie. Oder eine kleine Synthie-Melodie begleitet den Rhythmus, der weiter stoisch und unbeeindruckt immer schön auf die Eins und die Drei setzt. Kruse ist offensichtlich auf der Suche nach zusätzlichen Ausdrucksmöglichkeiten, ohne dass sie an den bewährten Erkenntnissen, auf denen ihre Karriere beruht, rühren möchte. Das ist zwar nicht allzu mutig, aber sehr verständlich.

Während Monika Kruse also nur vorsichtig Neuland beschreitet, kommt Strip Steve gerade leicht lädiert, ausgehungert und müde aus dem Dschungel zurück. Auf seinem Debütalbum „Micro Mega“ finden sich zwar durchaus Tracks, die sich von vorne bin hinten einem Rhythmus verpflichtet fühlen, zu dem man tanzen könnte. Ja, er hat sogar Robert Owens, die legendäre Samtstimme des Chicago House, überzeugen können, für „One Thing“ Gesang beizusteuern.

Allzu lange hält sich Pozoga nie mit stumpfer Rhythmusarbeit auf. Entschieden mehr Spaß macht es ihm, obskure Breaks zu konstruieren, die eher ins Irgendwo als zu einem ekstatischen Höhepunkt führen, oder auch zur Unzeit abbrechende Rhythmen zu programmieren, die manchen Broken-Beat-Künstler nervös machen würden. Nein, eine verlässlich puckernde Beamtenbassdrum ist hier nicht im Angebot, stattdessen hüpft der Rhythmus, wie er will, wenn nicht gerade sehr seltsame Soundideen die Aufmerksamkeit beanspruchen.

Unter dem schönen Titel „Music For The Ringtone Generation“ spielt Steve sogar mit Einflüssen klassischer Musik, wenn auch eher parodistisch. Zum Tanzen aber ist dieser Track nicht geeignet – der Rest erfordert ein bisschen Körperbeherrschung. Tanzen ist eben nicht gleich Tanzen.

THOMAS WINKLER

■ Monika Kurse: „Traces“ (Terminal M/Intergroove), 28. 7., in der Panoramabar

■ Strip Steve: „Micro Mega“ (Boysnoize/Wordandsound), Record-Release-Party, 28. 7., im Ritter Butzke