: Neue Freunde
Ein Jahr vor der Fußball-WM in Deutschland kommt Bewegung ins Sportzeitschriftengeschäft – z. B. mit dem neuen Magazin „Rund“
VON STEFAN OSTERHAUS
Ein Zufall ist es kaum, dass der Sportzeitschriftenmarkt ein Jahr vor der Fußballweltmeisterschaft massiv in Bewegung gerät. Am Mittwoch startete bereits ein Fußballmagazin unter dem sinnigen Titel Rund. Nach einer Nullnummer im Herbst, die allseits sehr freundlich aufgenommen wurde, erscheint das Heft ab jetzt monatlich – und tritt damit in direkte Konkurrenz zu den 11 Freunden, die sich nach langen Jahren im Unterholz des Blätterwaldes auch mittels eigener TV-Sendung sehr licht positionieren konnten. Und wer bisher noch nicht wusste, dass die Max je einen Sportchef beschäftigte, dem wird auch diese Wissenslücke geschlossen: Oliver Wurm – so heißt der Mann – bastelt gegenwärtig an einem Magazin, das Lifestyle und Fußball miteinander verquicken soll. Auch der einstigen DDR-Zeitung Sportecho soll eine Reanimation bevorstehen – in täglicher Erscheinungsweise nach italienischem Leitbild.
Das Beispiel Rund illustriert: Die WM nährt den Wagemut der Verlage auf wundersame Weise, zumal der nächste internationale Höhepunkt auch auf deutschsprachigem Terrain stattfindet: 2008 wird in der Schweiz und in Österreich um den Titel des Europameisters gespielt. Beinahe folgerichtig kündigt Rund für seine Nummer zwei eine Geschichte über den Schweizer Angreifer Johan Vonlanthen an, die aufzeigen soll, warum das eidgenössische Ausbildungssystem dem deutschen überlegen ist.
Solche Geschichten sind aufwändig. Mittels solider Finanzlage und der Perspektive WM 2006 wagt Rund die Offensive. Die Startauflage beträgt stolze 100.000 Exemplare, der Kaufpreis 2,80 Euro. Erstellt wird das Blatt von einer siebenköpfigen Redaktion, der Rainer Schäfer vorsteht, ehemals beim viel gerühmten Stadionmagazin 1/4 vor 5 des FC St. Pauli am Redigierpult.
Den Neuankömmling erwartet ein äußerst überschaubares Feld an Kombattanten. Die Arrivierten auf dem Markt sind an drei Fingern abzuzählen: zum einen der Olympia-Verlag mit seinem Kicker, dem faktisch einwandfreien Evergreen, der sich in Rund hauseigene Konkurrenz schafft; zum anderen die Illustrierte Sportbild aus dem Hause Springer; und eben die 11 Freunde, die sich dem Fußball aus der Perspektive des Fans nähern, freilich jenes Anhängers, der gern und ausführlich in heiterer Runde das Gebotene reflektiert.
Die Gruppe der anspruchsvollen Fans dürstet nach Lesestoff, nach Geschichten, die im Alltag des Kickers nicht erzählt werden. So schien der Angriff auf 11 Freunde beinahe zwangsläufig. Philipp Köster, der Chefredakteur der 11 Freunde, wundert sich allein, dass der Mitbewerber so spät auf den Plan trat: „Prinzipiell begrüßen wir erst einmal jeden Konkurrenten.“
Nicht die Basis, die von 11 Freunde in einer heiteren Mischung von Originalität, Enthusiasmus und – in Ermangelung einer ausreichenden Personaldecke – auch Dilettantismus bedient wird, ist das anvisierte Publikum von Rund, nein, auch der Mainstream kommt hier ausgiebig zu seinem Recht. „Wir werden die Dinge journalistischer angehen“, sagt der stellvertretende Chefredakteur Oliver Lück. Und so lässt der Olympia-Verlag in einer Pressemitteilung denn auch wissen, dass das Heft nichts für „alte Freunde und Kurvenskandierer“ sei, was Köster wiederum zu der Frage drängt, ob „es sinnvoll ist, sein Publikum zu beschimpfen“.
Thematisch gelingt Rund die Absetzung denn auch mühelos. Prägnant und mit schöner Illustration versehen wird die Geschichte des kamerunischen Nationalstürmers Samuel Etoo’s erzählt, der den FC Barcelona zum Meistertitel in Spanien schoss. Jürgen Klopp vom FSV Mainz 05, allseits beliebt als taktisch kluge Stimmungskanone unter den Bundesligatrainern, grüßt vom Titel und bekennt: „Ich wollte sterben.“ Beinahe lehrbuchhaft journalistisch aufgeschrieben und grafisch aufbereitet ist ein Stück über die Spielervermittler, das aufschlussreiche Zusammenhänge illustriert, wohingegen der Rubrik „Knallköpfe“, die sich ultrakurzen Glossen den hartnäckigsten „Pflegefällen“ der Bundesligageschichte widmet, ein wenig mehr Pietät vertragen hätte, was den durchaus ansprechenden Auftritt allerdings nur unwesentlich irritiert.
Für die Arbeit an Nuancen hat Schäfers Team indes noch eine Menge Zeit. Der Olympia-Verlag hat das Heft mit einer dreijährigen Bestandsgarantie versehen, die eben dann ausläuft, wenn 2008 bei der Euro das Finale abgepfiffen wird und im internationalen Fußball eben wieder ein bisschen weniger Deutsch gesprochen und geschrieben wird.