wortwechsel
: Widerstand im Baumhaus. Corona fordert heraus.

Polizeistrategie lässt Querdenker-Demo eskalieren. Grüne wollen in Regierung aber vernachlässigen Kerngeschäft? Der Corona-Impfstoff kommt, aber das Virus mutiert.

Schwindelfrei ins Hochbett Foto: dpa

Wortwahl

„Widerstand mit der Nähmaschine“, taz vom 7. 11. 20

Als deutscher Staatsbürger schäme ich mich über die Aussage „Schmuddelkinder in der Pandemie“ über die tschechischen Bürger in diesem Artikel!

Ich wohne ungefähr 30 Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt, habe schon mehrmals in der Goldenen Stadt Prag Urlaub gemacht, liefere fast täglich Fracht mit dem Lkw in einen Betrieb in Tschechien und habe auch zwei sehr gute tschechische Kollegen!

Etwas Mäßigkeit in der Wortwahl wäre angebracht, ansonsten entsteht ein falsches Bild bei Lesern, die Tschechien nicht kennen. Frank Ganßauge, Klingenberg

Mit zweierlei Maß

„Seehofer verteidigt Polizei“, taz vom 9. 11. 20

Der Bericht über die Randale suchenden Covidioten in Leipzig lässt (erneut) den Verdacht aufkommen, dass gewisse Mitglieder der sächsischen Staatsorgane (und an Gerichten) insgeheim große Sympathien für den „gemeinen Wutbürger“ hegen. Während kapitalismuskritische Menschen mit Räumpanzern und Wasserwerfern angegangen werden, darf der (rechtsradikale) Covidiot weitestgehend unbelästigt herumrandalieren. In meinen Augen wird es höchste Zeit, dass das Ministerium von Bundes-„Heimathorst“ und das Bundesjustizministerium die für die innere Sicherheit zuständigen Staatsorgane in Sachsen hinsichtlich ihrer Treue zur Rechtsstaatlichkeit genauer unter die Lupe nehmen. Wehret den Anfängen!

Andreas Smidderk, Düsseldorf

Basis not amused

„Völlig irrwitzig“, taz vom 10. 11. 20

Seit dem 1. Oktober wird gerodet im Herrenwald, dem Maulbacher Wald und jetzt auch im Dannenröder Wald. Seit dem 1. Oktober ist ein riesiges Polizeiaufgebot in den Wäldern, und die dort vorwiegend jungen Menschen erfahren eine unglaubliche Repression. Außer zwei, drei wohlwollenden Artikeln (danke!) gab es mindestens zwei Stellungnahmen, die diese Umweltbewegung zur Erhaltung des Walds, des Wasserschutzgebiets und zur Verkehrswende in Misskredit bringen, sie in die „Schmuddelecke“ der Radikalität stellen und sich entsolidarisieren. Das ist empörend! Kuscheln mit der schwarz-grünen Regierung ist wohl wichtiger.

Andrea Kosch, Langgöns

Virus vergessen

„Widerstand mit der Nähmaschine“, taz vom 7. 11. 20

Es stimmt, die Regierung hat keine Autorität, wird dadurch von vielen nicht respektiert. Auch wurden die Maßnahmen jeden Tag geändert, man kannte sich da gar nicht aus. Die Regierung hat die zweite Welle total verpennt. Als der Gesundheitsminister die Maskenpflicht einführen wollte, hat Ministerpräsident Babiš nein gesagt, weil er ein Populist ist. Die Regierung ist total chaotisch, die Kommunikation ist schlecht, und den jungen Menschen ist das Virus egal.

Das Nähen im Frühjahr halte ich nicht für Widerstand, sondern für eine große Welle der Hilfsbereitschaft. Im Frühjahr hat die Regierung rechtzeitig reagiert, nur hat man im Juni alle Maßnahmen abgepfiffen und das Virus vergessen.

Dagmar Christofova, Klatovy (Tschechien)

Polizeipräsenz

„Die Bäume denen, die drin wohnen!“, taz vom 12. 11. 20

Ich bin hoch erfreut, dass Sie immer wieder aus dem Dannenröder Wald berichten. Ich wohne selbst in der Nähe und begleite die Protestaktionen mit großer Sympathie. In den umliegenden Dörfern hat man das Gefühl, in einem Kriegszustand zu leben. Die Belagerung durch die Polizei ist inzwischen absolut bedrückend. Zu Ihrem Artikel mit der Überschrift „85 Quadratmeter Wald für 43 Kilometer Autobahn“ möchte ich Folgendes anmerken: Bitte achten Sie bei der Berichterstattung auf korrekte Angaben. Dies betrifft insbesondere Fakten wie Größenangaben.

Claudia Mävers, Vogelsberg

Pelztierfarmen

„Ein Desaster und ein Skandal“, taz vom 6. 11. 20

Auch der Klimawandel befeuert den Anstieg der Krankheiten. Wärmere Temperaturen können ideale Bedingungen für Erreger und Überträger schaffen. Klimatische Veränderungen könnten beeinflussen, wo etwa Fledermäuse und Affen, von denen einige Erreger ausgehen, und Moskitos – die Erreger oft übertragen – leben. Diese Probleme müssten angegangen werden, um die Gefahr zunehmender Krankheiten wie Covid-19 zu reduzieren. Die Epidemien lediglich zu bekämpfen, wäre nicht nachhaltig. Das wäre, als würde man bei einem kranken Menschen „nur die Symptome behandeln“, und nicht die zugrundeliegenden Ursachen.

Der Mensch ist Schuld, und die Tiere müssen es austragen. Jetzt muss endlich gehandelt werden. Warum gibt es überhaupt noch Pelztierfarmen in Europa?

Sabrina Baumann, Mandelbachtal

Regierungspoker

„Völlig irrwitzig“, taz vom 10. 11. 20

Ich stimme der Einschätzung als intensiver Beobachter der grünen hessischen Politik und ehemaliges Parteimitglied vollständig zu. Die Grünen definieren sich als Bündnispartei und bereiten so ihre Regierungsbeteiligung im Bund vor. Für die Koalition im Bund ist Hessen ein wahrscheinliches Beispiel. Die Grünen verlieren aber die Unterstützung ihrer Wähler und ihre Identität, wenn sie sich auf Bundesebene Hessen zum Beispiel nehmen.

Die hessischen Grünen betonen das geräuschlose Regieren mit der CDU und halten es für ihr Erfolgsrezept. Wenn wegen dieses Credos klare Stellungnahmen und auch Aktionen zu zum Beispiel Danni, Rechtsradikalismus in Hessen öffentlich nicht mehr vorkommen, werden Wähler und auch Mitglieder (wie mich) verloren. Diese Konfliktlinien müssen auch innerhalb einer Regierung deutlich benannt und öffentlich ausgetragen werden. Das geht nicht mit geräuschlosem Regieren! Ich hoffe die Bundesgrünen lernen von diesen Erfahrungen. Jochen Ehringhaus, Kassel

Grautöne zulassen

„Kampf gegen die Gerüchte“, taz vom 11. 11. 20

Seit 30 Jahren verfolge ich eure Berichterstattung, insbesondere in Bezug auf Corona mit zunehmenden Unbehagen. Wollt ihr euch endlich vom Image der „vaterlandslosen Gesellen“ befreien? Ich frage mich, was würde die taz schreiben, wenn der hoffentlich im Januar friedlich scheidende US-Präsident alle Fragen zu einem Thema auf der Google-Suchmaschine direkt auf seine Regierungsseite lenken würde? Wie schriebe die taz über die aktuelle weißrussische Regierung, wenn es dieser noch nicht wirklich gelungen wäre, im Netz die Angriffe der Demokratiebewegung auf die dort herrschenden Zustände einzudämmen?

Bin ich besser informiert, wenn ich nur mehr eine Seite höre? Anstatt des hier prak­tizierten Schwarz-Weiß-Denkens, statt der Spaltung in gute, die die Anti-Corona-Maßnahmen unhinterfragt aus Vernunft und Überzeugung befolgen, und die bösen Lügner und Verdreher, wünschte ich mir von meiner Tageszeitung die Darstellung von Grau- und Zwischentönen ebenso wie ein kritisches Hinterfragen ­aller Seiten. Angela Dittmann, Bremen

„Kreuzzug“

„Mutter Mechthild muss vor Gericht“,

taz vom 11. 11. 20

Es ist kaum zu glauben: Da hängen überall in den bayrischen Amtsstuben Kreuze, aber wenn es um schutzbedürftige Geflüchtete geht, ist vom christlichen Glauben wenig übrig. Da wird ein richtiger „Kreuzzug“ gegen das Kirchenasyl gefahren, ohne Rücksichten auf humanitäre Grundsätze.

Helga Schneider-Ludorff, Oberursel