In Kladow (1)
: Protestantisch simpel

„Hey-ho! Let’s go!“, rufe ich nach oben

Eine Reise ist Kladow allemal wert. Wer nämlich aus der Innenstadt kommt und nicht über Spandau anreisen möchte, darf eine Schifffahrt über den Wannsee machen, und eine Schifffahrt ist bekanntlich lustig, vor allem, wenn sie fast umsonst ist. Möglich macht das die BVG. Die betreibt die Fähre „F 10“, die Überfahrt kostet nur ein normales Einzelticket, und zwar inklusive.

Auf der Fähre tummeln sich die Menschen, Karten spielende Touristen, Stadtausflügler, Fahrradfahrer, Anwohner. Am anderen Ufer, hinter der menschenleeren Insel „Imchen“ (Naturschutzgebiet!), trennt man sich, je nach Bedürftigkeit und Reiseziel. Die Anwohner fahren mit dem Bus 135 weiter, die Stadtausflügler stärken sich in der angeschlossenen Hafengastronomie, die leider ein wenig dem üblichen Badeorttrash entspricht, oder laufen den Kai entlang.

Und die Fahrradfahrer machen sich vielleicht in Richtung Sacrow auf. Wir aber, die exkatholischen Stadtreiseschriftsteller, stapfen das Dorf hinauf und schauen uns die evangelische Dorfkirche an. Die ist nämlich klein und gemütlich, protestantisch simpel und sieht aus wie aus einem Film geklaut.

Eine Kirche zum Heiraten! Oder, je nachdem, zum Kirschspucken wie die fromme Alte in „Die Hexen von Eastwick“. Die Holzbänke sind schön weiß und die beiden Kirchenvereinsmitglieder freuen sich über Interesse. Man darf nur nicht erwähnen, dass man auch mal Orgelunterricht hatte oder Klavier spielen kann. Sonst wird man postwendend nach oben gebeten, die kleine Orgel mit den großen Pfeifen zu bewundern. Einfach süß, diese Kirche. Sogar Gottesdienste finden gelegentlich statt.

Während ich also am Altar stehe und auffordernd ein „Hey-ho! Let’s go! And a one, a two, a three, a four!“ nach oben rufe, überlegt sich meine Freundin, wie sie jetzt wieder aus dieser Situation herauskommt. Spielen nämlich geht nicht. RENÉ HAMANN