: Langsame Gymnasiasten wieder erlaubt
BILDUNG Auch Hessen will das neunjährige Gymnasium erneut möglich machen, andere Bundesländer erlauben beide Optionen
BERLIN taz | Ein Bundesland nach dem nächsten begann vor rund zehn Jahren die Zeit bis zum Abitur von 13 auf 12 Schuljahre zu verkürzen – nun rudert ein Land nach dem nächsten zurück. Vor Bayern gab im Juni bereits Hessen bekannt, dass Gymnasiasten ab dem kommenden Jahr beide Möglichkeiten zur Verfügung stehen sollen.
So können Gymnasien in Hessen ab Herbst 2013 zur neunjährigen Schulzeit zurückkehren. Für hessische Gesamtschüler dauerte der Weg zur Hochschulreife ohnehin weiterhin neun Jahre.
Baden-Württemberg erlaubt den längeren Weg zum Abitur bereits ab diesem Herbst – allerdings nur als Modellversuch an 22 Schulen. Ähnlich verfährt Nordrhein-Westfalen. Auch hier gibt es Modellversuche an 13 ausgewählten Schulen. In Schleswig-Holstein bieten bereits seit dem vergangenen Jahr 84 Gymnasien wieder den längeren Weg zur Hochschulreife. Auch in Niedersachsen gibt es nun die Wahl zwischen dem schnellen und dem langsameren Weg zur Hochschulreife.
Als erstes Bundesland verkürzte das Saarland 2001 das Gymnasium von neun auf acht Jahre. Die meisten ostdeutschen Bundesländer hatten nach der Wende das DDR-System übernommen und von vornherein 12 Jahre bis zum Abitur vorgesehen. Als letztes Bundesland startete Schleswig-Holstein zum Schuljahr 2008/ 2009 mit dem achtjährigen Gymnasium. Als Marschrichtung einigten sich die Kultusminister darauf, dass jeder Schüler bis zum Abitur insgesamt 265 Stunden Unterricht besuchen soll. Die Umsetzung blieb Ländersache. So kürzten einige die Oberstufe von drei auf zwei Jahre, während andere vor allem mehr Stoff in die Mittelstufe packten.
Dem Trend zur flächendeckenden Schulzeitverkürzung hat sich bisher nur Rheinland-Pfalz verweigert. Dort können Schulen auf Antrag auf G8 verkürzen – allerdings nur auf Elternwunsch und wenn sie ein überzeugendes Ganztagskonzept vorlegen. 19 von 147 Gymnasien bieten dort das verkürzte Abitur.
Der Präsident der Kultusministerkonferenz, Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD), warnt davor, die Schulzeitverkürzung grundsätzlich in Frage zu stellen. „Wir müssen G8 sicher verbessern, aber es ist nicht erkennbar, dass G8 per se nicht funktionieren würde“, sagte er der taz. „Mitten in der Reform umzukehren würde nur noch größere Schwierigkeiten verursachen.“ BERND KRAMER