: Klatsche für die Polizei
POLIZEIAKTION Die zur linken Szene gehörenden Bewohner eines Hauses in Göttingen siegen vor Gericht: Die Polizei hätte ihre Wohnungen nicht durchsuchen und dort auch keine Fotos schießen dürfen
Die Durchsuchung mehrerer Wohnungen in einem Haus in Göttingen war rechtswidrig. Das hat das Göttinger Verwaltungsgericht festgestellt. Sowohl die Durchsuchungen selbst als auch das „Anfertigen von Fotos“ in den Wohnungen sei „ohne Rechtsgrundlage“ geschehen, so die Richter. Die Polizeidirektion Göttingen habe nicht nachweisen können, dass von den Wohnungen „eine gegenwärtige Gefahr“ ausgegangen sei.
Bei der Polizeiaktion im September vergangenen Jahres hatte eine neue Mieterin des Hauses, in dem mehrere zur linken Szene gehörende Wohngemeinschaften wohnen, in ihrem Keller unbekannte Chemikalien entdeckt und daraufhin die Feuerwehr verständigt. Weil die Chemikalien als explosiv eingestuft wurden, löste ihr Anruf einen Großeinsatz aus. Im Zuge dessen ordnete die zuständige Staatsanwältin eine Durchsuchung der Wohnung an, zu der der Keller gehört.
Die Polizei durchsuchte jedoch alle Wohnungen des Hauses. Dabei wurden Türen aufgebrochen, Schubladen und Schränke durchsucht und private Unterlagen durchwühlt. Von den Räumen wurden Fotos gemacht. Der Versuch, Videos zu drehen, sei offenbar wegen schlechter Lichtverhältnisse abgebrochen worden, erklärte das Gericht.
Die Polizei rechtfertigte den Einsatz damit, es habe Gefahr bestanden, dass das Gebäude in die Luft gesprengt würde. Bei der Durchsuchung habe man nach weiteren Personen gesucht, die sich möglicher Weise noch im Haus aufhielten. Die HausbewohnerInnen vermuten hinter der Durchsuchung ein politisches Interesse. Bei dem Einsatz seien auch Beamte des Staatsschutzes anwesend gewesen. Der Rechtsanwalt der Hausbewohner, Sven Adam, warf der Polizei vor, sie habe wichtige Beweise vernichtet.
Bereits zu Beginn des Prozesses hatte das Gericht der Polizei vorgeschlagen, sich für die Durchsuchung zu entschuldigen. Polizeipräsident Hans-Werner Wargel hatte dies jedoch abgelehnt. Bei dem Prozess waren zehn Zeugen vernommen worden. BENJAMIN LAUFER