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Archiv-Artikel

„Wir sind die Jobmaschine“

Während das Sozialressort für Pflegeeinrichtungen ab 2006 schmerzhafte Einschnitte plant, appellieren Vertreter der Sozialverbände auf die Kehrtwende der Gedanken: Soziale Dienstleistung sei nicht nur ein Kostenfaktor

Von ede

Bremen taz ■ „Wir sind die Jobmaschine“, sagt Wolfgang Luz vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV). Kein Zweifel: Bremens Sozialträger sind es leid, als ewiger Kostenfaktor im Sozialwesen gebrandmarkt zu werden – ohne dass ihre umfassende Leistung gewürdigt wird. Und wenn sie „Leistung“ sagen, dann meinen Männer wie Luz durchaus den harten Euro – die „regionalwirtschaftliche Wirkung“ sozialer Dienstleistung in Form von Arbeitsplätzen und Umsatz.

„Wir werden nicht in der Form beachtet, wie wir es verdienen“, mahnte gestern vor der Presse auch der DPWV-Vorstandsvorsitzende Gerd Wenzel. Allein im Bremer DPWV-Landesverband organisieren sich derzeit rund 190 Mitgliedsorganisationen mit 7.429 Beschäftigten. Insgesamt verbucht der „Paritätische“ 21.000 Arbeitsplätze auf seine Angebote unter anderem in der Behinderten- und Altenpflege oder der Jugendhilfe. Doch sehen viele seiner Mitglieder in den geplanten Kürzung im Sozialbereich eine Drohung – die sowohl die Existenz, aber auch die Qualität der Leistung betreffe, warnt Wenzel. „Die Haushaltsnotlage darf nicht auf dem Rücken Pflegebedürftiger ausgetragen werden.“ Auch sei der DPWV dem Sozialressort ein Vertragspartner „und kein Befehlsempfänger“. DPWV-Geschäftsführer Jürgen Wäcken ergänzt: „Seit 13 Jahren nehmen wir Nullrunden und Einbußen hin.“

Als „Schlag ins Kontor“ bewertet der DPWV die geplante 15-prozentige Kürzung (7 Millionen Euro), die im kommenden Jahr die Träger des stationären Wohnens für Geistig- und Mehrfachbehinderte betreffen soll. Einen „Frontalangriff“ nennt dies die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Es gehe um 300.000 Betreuungsstunden für Behinderte. „Natürlich geht eine Kürzung zu deren Lasten.“ Ähnliches gelte für alle Bereiche, die ab 2006 von Kürzungen betroffen sein sollen. „Denn 80 Prozent unserer Kosten sind Personalkosten.“

„Wir haben nichts gegen effektives Wirtschaften“, sprechen sich die Verbandsvertreter dabei durchaus für straffe Leistung aus. Allerdings müssten die Lasten gerechter verteilt werden. „Der öffentliche Dienst darf nicht länger unantastbar sein, während bei uns die Quetschschraube angezogen wird“, forderte DPWV-Geschäftsführter Wäcken. Die Bertelsmann-Stiftung habe den bremischen öffentlichen Dienst in ihrer jüngsten Länderanalyse als „opulent“ bezeichnet. Vor allem aber müsse Bremen den wirtschaftlichen Beitrag sozialer Dienste höher bewerten.

„Investitionen in den Bau von Altersheimen sind auch Investitionen in Arbeitsplätze“, mahnen die Funktionsträger beispielhaft. Immerhin finanzierten knapp 80 Prozent der Heimbewohner ihren Aufenthalt aus Rente oder Versicherung selbst. Nur elf Prozent des Umsatzes der Heimstiftung, des größten Bremer Trägers von Altenheimen, sei staatliches Geld. Wer Einwohnerwertung, Konsum und Arbeitsplätze berücksichtige, müsse dies als förderungswürdigen Wirtschaftszweig erkennen. Schon habe der Finanzsenator zugesagt, eine „Musteransiedlung durchzurechnen“.

Das Wirtschaftsressort reagiert dagegen verhalten. „Sozialwirtschaft fällt in den Bereich des Sozialressorts“, heißt es dort. Über Änderungen müsse sich der Senat entsprechend verständigen. ede