: Das Ende von Afrikas klammheimlicher Freude
Aus der leisen Sympathie für Simbabwes Diktator ist Entsetzen geworden – und Südafrika führt eine Debatte über stärkeren Druck gegen Harare
BERLIN taz ■ Es ist ungewöhnlich, dass UN-Generalsekretär Kofi Annan einen Untersuchungsbericht als Vorlage für den UN-Sicherheitsrat in Auftrag gibt, ohne dass es vorher einen entsprechenden UN-Sicherheitsratsbeschluss gegeben hat. Dass er nun im Fall Simbabwe zu dieser Methode greift, zeigt, wie dringend es ihm ist, als erster UN-Generalsekretär aus Afrika ein Zeichen zu setzen gegen eines der verbrecherischsten Regimes, die Afrika derzeit kennt.
Lange Zeit beherrschte klammheimliche Freude über die Sicht Afrikas auf die Vorgänge in Simbabwe. War es nicht wundervoll, wie ein afrikanisches Land seine Politik durchzieht, auch gegen die Interessen von Weißen? Aber je offensichtlicher sich Mugabes Politik gegen die schwarze Bevölkerungsmehrheit Simbabwes richtet, desto mehr ist diese stille Sympathie einem stillen Entsetzen gewichen.
Die Zwangsvertreibung der ärmsten Simbabwer durch die Regierung in den letzten zwei Monaten führt nun dazu, dass diese Stille allmählich gebrochen wird. Am 23. Juni protestierten knapp 200 Menschenrechtsgruppen aus ganz Afrika gegen die Vertreibungen in Simbabwe. Seitdem werden bei der Afrikanischen Union (AU) Überlegungen laut, Mugabe zum Dialog zu zwingen. Als AU-Sondervermittler ist der einstige Präsident von Simbabwes Nachbarland Mosambik, Joaquím Chissano, im Gespräch.
Auch die vom südlichen Afrika bisher privilegierte „stille Diplomatie“ beim Umgang mit Simbabwe wird allmählich lauter. Als Simbabwes Regierung sich letzte Woche an den mächtigen Nachbarn Südafrika mit der Bitte um einen Milliardenkredit wandte, um kurzfristig seine Schulden beim Internationalen Währungsfonds in Höhe von 306 Millionen Dollar zu bedienen, begann in Südafrika erstmals eine breite Debatte über die Unterstützung Simbabwes. Schließlich überlebt das, was von Simbabwes Wirtschaft noch übrig ist, nur noch dank südafrikanischer Strom- und Benzinlieferungen sowie Lebensmittelexporte und Geldsendungen illegaler Migranten. Umfragen zufolge sind mehr Südafrikaner unzufrieden als zufrieden mit der weichen Linie ihres Präsidenten Thabo Mbeki gegenüber Mugabe. Südafrikas neue Vizepräsidentin Phumzile Mlambo-Ngcuka reiste vor zwei Wochen nach Simbabwe und kritisierte im direkten Gespräch Mugabe scharf.
Als Bedingungen für einen südafrikanischen Kredit an Simbabwe nannten südafrikanische Medien letzte Woche ein Ende der Zwangsvertreibungen, Freiheit für unabhängige Medien, Wiederherstellung einer unabhängigen Justiz und Dialog mit der Opposition. Die südafrikanische Wirtschaftszeitung Business Day berichtete Ende letzter Woche, der Milliardenkredit sei auf dieser Basis vorläufig bewilligt worden, und zitierte einen Regierungssprecher: „Ich weiß davon nichts, aber das heißt nicht, dass es keine Einigung gibt.“
Mbeki sagte am Sonntag, er könne sich vorstellen, dass Südafrika einen Teil von Simbabwes IWF-Schulden übernimmt, denn ein Staatsbankrott im Nachbarland sei nicht im südafrikanischen Interesse. Simbabwes Probleme gingen aber über den IWF hinaus und müssten dann insgesamt gelöst werden, erklärte er – auch durch politischen Dialog. Dabei müsse auch die UNO eine größere Rolle spielen.
Nun muss der UN-Sicherheitsrat entscheiden, was er mit dem Untersuchungsbericht macht. Mugabe hofft dort auf die Vetomacht China. Chinesische Investoren haben die Kontrolle über große Teile der simbabwischen Wirtschaft übernommen, und China ist Rüstungslieferant für Mugabe. Am Wochenende reiste der simbabwische Präsident zum Staatsbesuch nach Peking. DOMINIC JOHNSON