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Archiv-Artikel

Motten vernebeln den Catwalk

Haute Couture ist Kunst und Kapital. Ihre Präsentation wird heute zum inszenierten Kulturevent. Die Modemacher werden zu Installationskünstlern. Das Düsseldorfer NRW-Forum Kultur und Wirtschaft zeigt sieben Laufsteg-Videos von Alexander McQueen, dem„enfant terrible“ der Modeszene

AUS DÜSSELDORFERIKA RUBINSTEIN

Die Modenschau in Paris ist zu Ende. Nur noch ein geheimnisvoller weißer Kasten steht auf dem Catwalk. Dann klappt die Vorderfront auf. Tausende Motten fliegen in die Freiheit. In der Kiste räkelt sich ein korpulentes Model nackt auf einer Chaiselongue. Der britische Modemacher Alexander McQueen gilt als „Bad Boy“ der Branche, seine Schauen werden als Gruselkabinette tituliert. Bereits zu Beginn seiner Karriere Anfang der 1990er Jahre schockte er die Modewelt mit blut- und dreckverschmierten Tops. Heute ist er der Star unter den jungen Designern, denen die Inszenierung ihrer Mode bei den Catwalks in London oder Paris zu einem Mittelpunkt ihrer Arbeit wird. Das NRW-Forum Kultur und Wirtschaft in Düsseldorf zeigt mit „Catwalk Videos“ die spektakulärsten Arbeiten des weltweit renommierten britischen Designers.

Alexander McQueen will provozieren. Seine skandalösen „Bumsters“, die tief geschnittenen Hosen von 1994, veränderten damals die Form von Jeans und Pants und beeinflussen deren Aussehen bis heute. Der 36jährige steht in der Nachfolge der Punk-Lady des Designs Vivienne Westwood. Er war derjenige, der den so genannten „Radical Chic“ in die Haute Couture einführte. Seine Kleider, von denen sechs in der Ausstellung präsentiert werden, sind elegant dank ihres femininen Schnitts, bestehen aber aus Hunderten von kleinen Stoff-Fetzen, die überlappend vernäht sind. Und während auf der parallel stattfindenden weltgrößten Modemesse Collections Premieren Düsseldorf (CPD) nur Fachbesucher flanieren, können die Besucher noch bis Mitte August im NRW-Forum die sieben Lieblings-Schauen von Alexander McQueen auf dem virtuellen Catwalk genießen.

Bei den Videos arbeitete der Modemacher mit dem Produzenten Sam Gainsbury zusammen. Seine morbide Ästhetik hat der Designer von Martin Scorsese. An dessen Film „Taxi Driver“ erinnert eine seiner ersten Inszenierungen, bei der in Frischhaltefolie gepackte Models so geschminkt waren, als hätte man sie grün und blau geschlagen. Ideen findet der Brite auch bei der Malerei von Jacques Louis David aus den Ende des 19. Jahrhunderts. Und wer sich die Mühe macht, eine halbe Stunde lang seine Performances im Stehen zu betrachten, kann dabei in eine perfekte Winterlandschaft eintauchen, mit einem vom Frost überzogenen Wald und einem gefrorenen Teich. McQueens Lieblingsvideo ist die Schau, bei der sich ein in weiß gekleidetes Model zu den Klängen von Schwanensee von Industrierobotern mit bunten Farben bespritzen lässt. Neben den Filmen sind auch Backstage-Aufnahmen der Französin Anne Deniau im Forum zu sehen.

„Catwalk Videos“ ist eine Schau, die Kunst und Wirtschaft miteinander verbinden soll. So wünschen es sich die Macher der Ausstellung, die von der „IGEDO“ und der Modezeitung Vogue gesponsert ist und nicht zufällig zu Beginn der Modemesse „CPD“ anläuft. Haute Coture ist eben auch Kunst. Allerdings eine, die nur sehr zahlungskräftigen Kunden vorbehalten ist.