Blasen für den Arbeitsplatz

Promis kriegen kostenlose Autos von den Herstellern – zur „Produkterprobung“

Das passt wie die Kappe aufs Rad – und trifft die Bedürfnisse perfekt

Neulich, in irgendeinem Fernsehkrimi, hat sich Heikko Deutschmann von seiner Freundin beim Autofahren einen blasen lassen. Dabei ist er über einen Menschen drüber gefahren. Der lag aber schon vorher auf der Straße rum, war also nicht so schlimm. Das fanden auch die Polizisten, zumal der Heikko in dem Film ein ungeheuer wichtiger Politiker war.

Fahren kann der also, werden sich die Leute von Opel gedacht haben. Und weil der Deutschmann auch unter Stress – oben die Lichter der Großstadt, auf der Mitte die Freundin und unten drunter der Tote – gut aussieht und die Ruhe behält, kriegt er von Opel einen Wagen geschenkt. Für ein halbes Jahr.

„Produkterprobung“ heißt das in Opel-Deutsch. Im Rahmen eines „Produkterprobungsprogramms“. Hier gibt man den „Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, die Möglichkeit, unsere Produkte kennen zu lernen“, wie Andreas Krömer, Leiter der Opel Brand PR, das Konzept erläutert. Dann „kann er sich entscheiden, ob er den Wagen kaufen möchte“.

Sollte Herr Deutschmann sich dafür entscheiden, muss er natürlich nicht die etwa 31.000 Euro des Listenpreises zahlen, „schließlich ist der Wagen ja schon genutzt worden“, so Krömer.

Tollen Leuten Autos zu überlassen nennt man in den Automobil-Bestechungs-Marketing-Hosen-runter-lass-Abteilungen „einen Wagen stellen“. Auch andere Prominente lassen sich Wagen stellen. Jürgen Vogel zum Beispiel hat sich von Audi was stellen lassen. Ist aber schon ’ne Weile her. Keine Ahnung, wer da aktuell stellt.

Ganz warm jedenfalls sind die Motorhauben von Anni Friesingers und Kai Wiesingers Lancia. Der schöne Heikko aber kriegt nun einen „Opel Vectra Caravan Cosmo in Saphirschwarz“ gestellt. Diese Wahl – aus einem reichhaltigen Modellsortiment – beweist die Sensibilität beim Rüsselsheimer Autohersteller. Denn ein Vectra Caravan Cosmo in Saphirschwarz passt wie Kappe auf Rad. Er trifft die Bedürfnisse des 43-Jährigen perfekt.

Wie in der Pressemitteilung nachzulesen ist, sprach der Schauspieler bei der Übergabe letzte Woche in Berlin ganz frank, frei und ungestelzt: „Mein Beruf bringt es mit sich, dass ich viel unterwegs bin. Beim Autofahren möchte ich auf Komfort und Sicherheit nicht verzichten. Wenn dann noch wie bei meinem neuen Vectra ein Motor mit viel Power unter der Haube steckt – umso besser.“

Verschwiegen hat der bescheidene Mime, dass die Karre „beleuchtete Make-up-Spiegel in Sonnenblenden“ aufweist – ein für einen „aktuell geradezu omnipräsenten“ Schauspieler, wie es beim Gönner heißt, elementares Arbeitsgerät. Nun ist nicht ganz klar, ob die Opel-Arbeiter und -Arbeiterinnen letztes Jahr dafür auf die Straße gegangen sind, dass der Herr Deutschmann und seine Kollegen mit den von ihnen zusammengesetzten Pkws kostenlos durch die Gegend fahren, während sie sich zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze auf allerlei Verzicht einließen.

Aber vielleicht muss man das nicht so eng sehen. Vielleicht muss man das so betrachten, wie die Bordellbesitzerin Felicitas Schirow es kürzlich im taz-Interview geäußert hat. Sie sieht sehr wohl, dass es auch das Geld des „kleinen“ VW-Arbeiters, der -Arbeiterin ist, das in Etablissements wie ihrem von Managern und Betriebsräten verjubelt wurde. Aber was sagt die Unternehmerin zu der Vorstellung, dass die Manager nicht nur den Betriebsräten mal ’ne Runde Eierkraulen ausgeben, sondern auch potenziellen Kunden: „Vielleicht wird dadurch ein Vertrag abgeschlossen, der der Firma und jedem einzelnen Mitarbeiter zugute kommt.“

Eben, ihr kleinen spießigen Neider. Ihr Scheiß-Opel- und -VW-Mitarbeiter, die ihr den Corsa oder Polo eurem Cousin abkauft, weil der sich jetzt was Größeres leisten kann. Ihr Leser, die ihr von Ungerechtigkeit sprecht, weil ihr nicht wisst, wofür einer wie Deutschmann oder Vogel eine Brutto-Jahresgehalts-Karre einfach so „gestellt“ bekommt.

Die ihr innerlich ruft: „Das will ich auch! Ich bin auch schön! Mich kennen die Leute auch! Ich könnte den Wagen auch von Edelrestaurant zu Edelrestaurant fahren!“ All ihr kleinen, undankbaren Scheißer, glaubt ihr denn, die machen das freiwillig? Glaubt ihr denn, dass es für so einen um Coolness bemühten Off-Bruder wie Vogel ein Spaß ist, in einem Audi gesehen zu werden?

Glaubt ihr, es wäre ein Vergnügen, in einer Nacht 15.000 Euro im Puff durchzubringen? Die ganze Zeit jemanden auf dem Schoß sitzen zu haben, der einem am Brusthaar zieht? Und dann noch all die scharfen Weiber, die immer mehr wollen, obwohl man seit 23.10 Uhr nicht mehr kann … Das machen die für euch! Für euch, ihr undankbaren Arbeiter, ihr kleinen, mittleren Angestellten! Die lassen sich einen blasen, damit ihr morgen noch Arbeit habt!SILKE BURMESTER