Grüne Welle auch für Zweiräder

VERKEHRSPLANUNG Grüne und Fahrradkuriere wollen Fahrräder auf die Straße bringen. Die Lobbyisten von ADAC und ADFC fordern dagegen eine bessere Infrastruktur und plädieren für eine Mischlösung

„Ein Kurierfahrer ist nicht vergleichbar mit einem Rentner“

Dirk Matthies, ADAC Bremen

Glattes Pflaster, schlecht geführte Baustellen und überflüssige Ampelschaltungen: Fahrradkuriere kämpfen täglich mit diesen Hindernissen. Bei einem Gespräch mit Grünen-Abgeordneten brachten die Radkuriere nun Kritik und Verbesserungsvorschläge auf den Tisch. Die Idee für den Dialog kam von der energiepolitischen Sprecherin Anne Schierenbeck – deren Sohn selbst als Fahrer in Bremen unterwegs ist. Sie möchte, dass die Erfahrungen der Berufsradfahrer in den Verkehrsentwicklungsplan 2020/2025 einfließen.

Die Fahrradboten forderten unter anderem, Fahrradwege generell auf die Fahrbahn zu verlegen. Auf abgetrennten Wegen seien sie für abbiegende Autofahrer schlecht sichtbar, so Kurierfahrer Marcel Thielbar. Außerdem wurde die Forderung nach einer grünen Welle für Radfahrer laut. Bremen habe zu viele Ampeln, beklagen die Fahrer. Beim Hauptbahnhof etwa müssten sie mit einem Zeitverlust von fünf Minuten rechnen.

Dirk Matthies vom ADAC Bremen hat Verständnis für die Kritik der Kurierfahrer: „Die Radwege in Bremen sind über weite Strecken nicht barrierefrei“, bemängelt der Autolobbyist. Allerdings ist er der Meinung, dass die Probleme der Kurierfahrer nur bedingt für alle Radfahrer gelten: „Ein Kurierfahrer ist nicht vergleichbar mit einem Rentner, der mit dem Fahrrad seine Pulle Wasser holt.“ Der Forderung, Radwege auf die Fahrbahn zu verlegen, steht er ebenfalls verhalten gegenüber. Bei vielbefahrenen Straßen sollten die Radfahrer weiterhin verpflichtet sein, den Bordsteinweg zu benutzen. Klaus-Peter Land, Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Bremen, hält dagegen: „Subjektiv mag man sich auf dem Bordstein sicherer fühlen, aber die Unfallstatistik zeigt, dass bei abgetrennten Radwegen mehr Unfälle passieren.“ Der ADFC spricht sich für Wahlfreiheit zwischen Straße oder Radweg aus. Auch Land hält es für sinnvoll, zwischen gemütlichen und ambitionierten Radlern zu unterscheiden und kritisiert die schmalen Bremer Wege. „Es geht darum, dass den Radfahrern genug Platz eingeräumt wird, um die unterschiedlichen Geschwindigkeiten aufzufangen“, so Land.

Dafür setzen sich auch die Grünen ein. In ihrem „Masterplan Fahrradverkehr“ fordern sie Schnelltrassen für den Radverkehr, die als reine Fahrradstraßen ausgewiesen werden sollen, wie es etwa in der Wachmannnstraße der Fall ist. Diese Verkehrswege würden auch den Kurieren mit Lastenfahrrädern entgegenkommen. Ein solches, elektrisch betriebenes Modell ist bereits im Bremer Stadtverkehr unterwegs. „Das Ziel ist es, Teile der Bremer Innenstadtlogistik umweltfreundlich zu erledigen“, so Ralph Saxe, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen.

Außerhalb dieser Zonen, vor allem an Gefahrenpunkten wie dem Stern, komme es laut Kurierfahrer Thielbar vor allem auf Vorsicht und Rücksichtnahme an: „Die Verkehrsteilnehmer müssen Augenkontakt aufnehmen und kommunizieren“, appelliert er. Nach diesem Konzept funktionieren auch „Shared Zones“, in denen Verkehrsteilnehmer sich ohne Begrenzungen und Schilder bewegen. Dieses Konzept soll in einem Modellprojekt in Osterholz ausprobiert werden. Bis zur Umsetzung dieser Pläne ist es aber noch ein langer Weg. „Von Gleichberechtigung sind wir noch weit entfernt“, so Saxe.  NAG