: Kaiser der Wiedergeburt
Franz Beckenbauer labert wieder vor sich hin
Schauen wir einen Moment in die Zukunft, ins Jahr 2120. In der Säbener Straße krächzt der 155-jährige Hansi Flick, auf seinen Schwebe-Rollator gestützt, Anweisungen über den Trainingsplatz des FC Bayern Tesla München. Es ist sein letzter Arbeitstag in seiner allerletzten Saison. Heute läuft der einhundert Jahre alte Vertrag des weltbesten Trainers nach unzähligen Gewinnen der modernisierten World Apple Champions League aus. Endlich darf die bekannteste Fußballmumie des Universums ins vereinseigene Altersheim einziehen und seinen verdienten Ruhestand antreten.
Und wem verdankt Hansi der Greis sein schier unendliches Traineramt? Der Lichtgestalt des deutschen Fußballs Franz Beckenbauer, der am 26. August anno 2020 im Zentralorgan für Hellseher Bild verkündete, was mit dem damals 55-jährigen Triple-Gewinner Hansi Flick geschehen soll: „Du kannst ihm auch einen 100-jährigen Vertrag geben.“ Und so sollte es kommen.
Franz Beckenbauer war schon immer berühmt-berüchtigt für seine Vorhersagen. Nach dem Gewinn des Weltmeistertitels 1990 hatte er den deutschen Fußball auf eine lange Zeit hin für unschlagbar erklärt. Was sich nicht unbedingt erfüllen sollte. Wie auch später beim treuen Hansi. Der gar nicht glücklich war über sein ewiges Amt. U m seinen Jahrhundertvertrag zu erfüllen, musste der tapfere Flick nämlich mit modernster Gerontotechnik am Leben erhalten werden. Lieber wäre er abgetreten wie Beckenbauer selbst, der immer wieder gern verstarb. Schließlich war Kaiser Franz Experte für Wiedergeburten. Schon im Jahr 2010 hatte er der Friseurzeitschrift Bunte auf die Frage „Haben wir schon einmal gelebt?“ geantwortet: „Ich habe schon einige Male gelebt. Als Tier und als Pflanze.“ Also keine höhere Lebensform.
Aber so kam die hellste Funzel Bayerns im Laufe des Jahrhunderts gleich mehrmals zurück in die Welt. Einmal als Baum. Dann wieder als Fisch. Und zuletzt als hypermoderner Schwebe-Rollator. Den sich Hansi Flick sofort griff. Um ihn jeden Tag zu stoßen und zu stürzen und zu treten, auf dass der depperte Franzl eine kaiserliche Strafe bekam für sein sagenhaftes Gelaber.
Für den Ruhestand und zur Abschreckung hatte sich Hansi Flick den dümmsten Spruch des Kaisers rahmen und übers Bett hängen lassen: „Es gibt nur eine Möglichkeit: Sieg, Unentschieden oder Niederlage.“
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