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Archiv-Artikel

Die UNO-Ratsreform ist weiter blockiert

Keine Einigung zwischen G 4 und AU: Erste Entscheidung der Generalversammlung wahrscheinlich erst im September

GENF taz ■ Die von der rot-grünen Koalition in Berlin ursprünglich bis Ende Juli angestrebte Entscheidung der UNO-Generalversammlung über einen ständigen Sitz Deutschlands im Sicherheitsrat wird wahrscheinlich frühestens im September fallen. Möglicherweise wird sie auch erst nach den auf den 18. 9. angesetzten Bundestagswahlen kommen. Die Außenminister der G-4 -Staatengruppe (Deutschland, Japan, Indien, Brasilien) und der Afrikanischen Union (AU) hatten bei einem Treffen am Montagabend in London die Differenzen zwischen ihren beiden Modellen für eine Erweiterung des Sicherheitsrats erneut nicht überwinden können. Auch deutsche UNO-Diplomaten rechnen inzwischen nicht mehr ernsthaft damit, dass sich die G 4 und die AU noch vor der Sommerpause der Generalversammlung vom 5. bis 22. August auf einen gemeinsamen Resolutionsantrag verständigen. Dass hieße, dass bis dahin nicht einmal die erste der drei Entscheidungsrunden stattfinden, die zur Bestimmung neuer Mitglieder des Sicherheitsrats erforderlich sind.

Mitte Mai hatte die G 4 ihren Resolutionsantrag den anderen 187 UNO-Staaten vorgelegt, verbunden mit der Aufforderung, bis spätestens Ende Juni darüber abzustimmen, bis Mitte Juli die neuen ständigen Ratsmitglieder zu wählen und bis Ende Juli die für eine Erweiterung des Sicherheitsrats erforderlichen Veränderungen der UNO-Charta zu beschließen. Alle drei Schritte erfordern eine Zweidrittelmehrheit von 128 der 191 UNO-Staaten.

Die bisherigen Resolutionsanträge der G 4 und der AU sehen übereinstimmend die Erweiterung des Sicherheitsrats um sechs neue ständige Mitglieder vor (je zwei aus Afrika und Asien und je einen aus Lateinamerika und Europa). Eine große Mehrheit der 53 AU-Staaten beharrt weiterhin darauf, dass die neuen ständigen Mitglieder das sofortige und uneingeschränkte Vetorecht erhalten.

Die G 4 hält diese Forderung jedoch für völlig chancenlos. Sie hat daher in ihrem Resolutionsantrag den taktischen Vorschlag gemacht, dass das Vetorecht den neuen ständigen Mitgliedern zwar grundsätzlich zuerkannt, von ihnen aber bis zu einer Überprüfung der jetzt anstehenden Ratsreform in 15 Jahren nicht ausgeübt wird. In dieser Streitfrage zeichnete sich bei den Londoner Gesprächen keine Einigungsformel ab. Die G 4 hofft, dass die AU die Vetoforderung auf einem für nächste Woche anberaumten Sondergipfeltreffen noch zurücknimmt.

Mit Blick auf das Verlangen der AU nach einem zusätzlichen nichtständigen Ratssitz für Afrika (und damit einer Vergrößerung des Rats auf 26 statt 25 Mitglieder) deuteten die Außenminister der G 4 Kompromissbereitschaft an. Allerdings befürchten sie, dass dann entsprechende Wünsche aus Asien und Lateinamerika formuliert werden. ANDREAS ZUMACH