meinungsstark:
Unvorbereitet, in Panik gehandelt?
„Astronomische Fehlrechnung“, taz vom 9./10. 8. 20
Bravo taz! Das hatte ich nicht mehr zu hoffen gewagt, dass ihr auch mal andere Meinungen und Erkenntnisse als die der Drosten-Fans veröffentlicht. Ist es übrigens aufgefallen, dass das meiste auch der verteufelte Dr. Wodarg im März schon geschrieben hat? Er wurde verteufelt, weil er die Gefährlichkeit dieses Coronavirus falsch eingeschätzt hat, aber was den Umgang mit einer Epidemie dieser Virenart betrifft, sind das ernst zu nehmende Erkenntnisse, die auf Erfahrung beruhen. Erfahrung soll bei etwas anscheinend Neuem ja ein Hilfsmittel sein, damit umzugehen. Genau wegen dieser Argumente haben Kritiker der Maßnahmen pointiert von der „Diktatur der Virologen“ geredet – und wurden und werden als Verschwörungstheoretiker, Covidioten und Asoziale niedergeschrien. Als Wodarg niedergeschrien und -geschrieben wurde, hat er dann leider mit den Falschen geredet. Aber er scheint gewillt, an der Aufarbeitung dieses Jahrhundertdesasters weiter mitwirken zu wollen. Er galt ja mal als Aufklärer. Kann man zusammenfassen, dass unsere Regierungen, denkbar unvorbereitet und schlecht informiert in Panik gehandelt und ein noch größeres Desaster angerichtet haben, als es eine ernstzunehmende Epidemie ohnehin schon ist? Man sollte diesen Regierungen die Chance geben, ab der nächsten Wahl in der Opposition darüber nachzudenken, was sie alles im Vorfeld versäumt und in der Handlungsphase falsch gemacht haben! Andreas Strobl, München
Geschafft! Mit bitterer Bilanz
„Fünf Jahre „Wir schaffen das“: Ziel und Haltung“, taz vom 9./10. 8. 20; „Geschafftes Land“, taz vom 9./10. 8. 20
Liebe Redaktion, immer wieder liebe ich die taz dafür, dass sie zu verwandten Themen unterschiedliche Perspektiven liefert, was die Heterogenität Ihres Blattes unterstreicht und die Leserschaft zur kritischen Überprüfung des eigenen Standpunktes zwingt. So geschehen in der letzten Wochenendausgabe: Während Anja Maier nicht mit Lob geizt für Kanzlerin Merkels legendären Satz, letztlich ihren gesamten damaligen Kurs in der Flüchtlingsfrage, schaut Franz Dobler eher auf das, was „folgte“, und ist nicht beeindruckt. Er zieht eine bittere Bilanz. Und das Erstaunliche ist: Ich kann beiden zustimmen! Und das ohne Gewissensqualen oder geistige Verrenkungen. Helmut Maurer, Heidelberg
Keine Schulbildung, keine Chance?
„Angekommen!“, taz vom 9./10. 8. 20
Was für erbauliche Beispiele … Bitte seht mir die leichte Ironie nach. Von den acht hier beschriebenen Flüchtlingsschicksalen sind sieben absolut untypisch. Ich freue mich natürlich für die Betreffenden, denn als aktiver Berater und Betreuer seit 2015 weiß ich, dass diese jungen Menschen so etwas wie einen Sechser im Lotto gezogen haben. Leider ist die Mehrzahl der Flüchtlinge eher in einer Situation wie Shasi aus Eritrea. Sie kommen voller Hoffnung und gutem Willen. Aber fast immer aus einfachsten Verhältnissen und ohne nennenswerte Schulbildung. Das ist der Unterschied zwischen den Menschen, die aus Afrika kommen, und den Syrern, die in dem Artikel als Beispiele zitiert werden. Wer in Eritrea bestens auf das Leben eines immerhin angesehenen Bauern mit einer großen Ziegenherde vorbereitet wurde, der erlebt in Deutschland einen anderen Planeten. Dieser Kulturschock plus traumatische Erfahrungen in libyschen Lagern oder im Schlauchboot auf dem Mittelmeer ist eine Belastung und Herausforderung, an der viele zerbrechen, wenn sie keine intensive Betreuung bekommen. Und das hieße eigentlich professionelle psychologische Betreuung. Wir gutwilligen Amateure können das nicht leisten. In allen Fällen ist die Suche nach einem Ausbildungsplatz der schwierigste Teil beim „Ankommen“! Dank gebührt den vielen kleinen und mittleren Betrieben, bei denen die Inhaberin oft auch die „Mutter der Azubis“ ist. Wie groß ist unsere Erfolgsquote? 30 Prozent? 50 Prozent? Zurzeit verbrennen wir Milliardenbeträge, um obsolete Industrien und Aktionäre zu retten. Für die Bereiche, die für unsere Zukunft wirklich relevant sind, sehe ich das nicht. Wolfgang Ehle, Kassel
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