CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI : Beethoven macht Platte
Ganz zum Schluss spielt die Kölner Karnevalscombo Höhner vor Obdachlosen ihren Hit „Alles verlore“. Der Held des Liedes, das unter Clochards als eine Art Standeshymne gilt, ist „dä Hein vun dr Domplaat“, der durch die Verkettung unglücklicher Umstände auf der Straße gelandet ist.
In der „Tatort“-Episode „Platt gemacht“ kriegen es die Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) gleich mit einer ganzen Reihe von Heins Kollegen zu tun. Alle tragen fabulöse und doch höchst funktionale Namen. Der Bärtige namens „Die Elster“ heißt natürlich so, weil er alles mitgehen lässt, und „Django“ schwankt samt Cowboyhut auch nach der dritten Lambruscoflasche breitbeinig durch sein Revier, bevor bei ihm dann doch irgendwann endgültig die Lichter ausgehen. Nur „Beethoven“ ist etwas anders als der Rest. Er hat in seiner Jugend wohl mal eine solide bildungsbürgerliche Erziehung mit auf den Weg bekommen. Jetzt sitzt er immer in der Kirche versunken an der Orgel und spielt – Bach!
Das sind so die kleinen Gags, die sich die Macher dieses „Tatorts“ (Regie: Buddy Giovinazzo, Buch: Jan Hinter und Stefan Cantz) gegönnt haben. Der Rest ist ernster: Irgendjemand in Köln macht offenbar Jagd auf die Menschen von der Straße, jedenfalls sind zwei von ihnen mit Glykose vergiftet worden, die sich in Flaschen eines 18-Euro-Rieslings befunden hat. In Verdacht geraten unter anderem ein Schönheitschirurg, der sich einen der Ermordeten als Stricher hielt, sowie einige aufgebrachte Kleinbürger, die sich von den Obdachlosen in der Entfaltung ihrer Existenz behindert sehen.
So gesehen liefert „Platt gemacht“ genau die Mischung aus Berberfolklore und Besinnungsfernsehen, mit der sich wunderbar die Woche abschließen lässt. Immer wieder wird betont, wie gut es ist, dass es freiwillige Helfer gibt, die sich um die durchs soziale Netz Gefallenen kümmern, und Kommissar Schenk, wie ehrenwert, mischt sich sogar auf Läusenähe unter die Obdachlosen. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit deren extrem abschüssigen Lebensläufen gibt es hingegen nicht.
Und so darf natürlich auch der Penner namens Beethoven, der von Udo Kier mit unverwüstlicher Eleganz gespielt wird, am Ende zurück in sein altes großbürgerliches Leben. Mal ganz ehrlich, mit dem echten „Hein vun dr Domplaat“ will man dann wohl doch nichts zu tun haben.
■ Köln-Tatort: „Platt gemacht“. So., 20.15 Uhr, ARD