Der Countdown

1 Der 19. Oktober 1989: Der neue SED-Chef Egon Krenz trifft sich mit Vertretern der evangelischen Kirche im Schloss Hubertusstock in der brandenburgischen Schorfheide. Krenz will das gestörte Verhältnis zwischen Staat und Kirche entspannen. Seit Wochen sind schon massenhaft DDR-Bürger über Ungarn und die Prager Botschaft in den Westen geflohen. Jeden Montag demonstrieren in Leipzig tausende Menschen. Im Schloss Hubertusstock verspricht Krenz den Kirchenmännern Zugeständnisse – auch West-Reisen sollen für Normalbürger möglich werden.

2 Der 29. Oktober 1989: Im Berliner Palasthotel treffen sich SED-Politbüromitglied Günter Schabowski und der Regierende Bürgermeister von Westberlin Walter Momper. Schabowski eröffnet dem Bürgermeister: „Es wird eine Reiseregelung geben, die den Namen verdient.“ Umgehend setzt Momper eine Arbeitsgruppe ein. Beamte sollen die Stadt auf das Unglaubliche vorbereiten: den Ansturm von Hunderttausenden DDR-Bürgern.

3 Der 9. November 1989: Gegen 17 Uhr trägt Krenz der SED-Führung die neue Reiseregelung vor. Sie enthält auch einen Passus über „Privatreisen“, der die Grenze faktisch öffnet. Ein Ventil für den Unmut der Menschen, das die DDR retten soll. Kurz vor 19 Uhr verliest Schabowski die Regelung auf einer Pressekonferenz – und öffnet damit die Mauer. Die Welt ist überrascht, doch Westberlin ist vorbereitet.