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Archiv-Artikel

„Eine Ohrfeige für die Versicherer“

Verbraucherschützer Westphal warnt vor Euphorie. Unmittelbar profitierten Versicherte von dem Urteil noch nicht

taz: Herr Westphal, ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ein Erfolg für die Versicherten?

Manfred Westphal: Man darf sich nicht zu viel davon versprechen. Das Urteil hat erst mal keine Auswirkungen auf die, die in der nächsten Zeit ihren Lebensversicherungsvertrag beenden.

Es ist aber eine Ohrfeige für die Praxis der Versicherungsunternehmer, was die Intransparenz angeht und die Nichtberücksichtigung bestimmter Prämienzahlungen. Und es ist auch eine Ohrfeige für den Gesetzgeber, der die Interessen der Versicherten zu schwach abgesichert hat.

Es ist also noch offen, für welche Verträge die Neuregelung gültig sein wird?

Erst mal muss bis Ende 2007 eine verfassungskonforme Regelung beschlossen werden, die die Beteiligung der Versicherten an den Überschüssen sicherstellt. Das Gericht hat offen gelassen, ob laufende Verträge mit einbezogen werden müssen. Es ist aber überhaupt nicht einzusehen, dass jemand, der einen Vertrag Anfang 2008 schließt, in den Genuss dieser Neuregelung kommt, wer am 1. Januar 2007 einen Vertrag abschließt, aber nicht.

Gibt es noch andere Bereiche, die der Gesetzgeber regeln muss?

Es steht jetzt grundsätzlich fest, dass die Lebensversicherung ein intransparentes Produkt ist. Es darf aber nicht nur um eine Beteiligung der Versicherten an der Schlussüberschussbeteiligung, den „stillen Reserven“, gehen. Es gibt ja auch die jährlichen Überschussbeteiligungen, die jetzt vom Verfassungsgericht nicht behandelt worden sind. Auch dort ist eine wesentlich größere Transparenz notwendig. In den meisten Fällen weiß man nicht mal, wie viel von dem eingezahlten Beitrag etwa für den Sparanteil reserviert ist oder für die Risikoversicherung draufgeht.

Wovon hängt es ab, ob der Versicherte am Gewinn beteiligt wird?

Im Moment hängt es vom Zufall ab. Oft profitieren die Versicherten mit den noch laufenden Verträgen, wenn ein Unternehmen seine stillen Reserven veräußert. Wer seinen Vertrag dann gerade beendet hat, profitiert nicht davon. Obwohl er mit seinen Prämienzahlungen den Erwerb mitfinanziert hat. Das kann nicht sein.

INTERVIEW: FABIAN KRÖGER