Schüler werden privatisiert

Privatschulen in NRW bei Eltern und Lehrern immer beliebter – wegen der schlechten PISA-Noten, glauben ihre Vertreter. Trotzdem will die neue Landesregierung sie nicht stärker fördern

VON NATALIE WIESMANN

Die Privatschulen in Nordrhein-Westfalen wollen sich auf dem Schulmarkt ausbreiten. „Wir hätten gerne mehr Schulen, um das Angebot an die Nachfrage anpassen zu können“, sagt Roman Friemel, Geschäftsführer des Privatschulenverbands NRW zur taz. „Wir haben lange Wartelisten und müssen Bewerbern absagen.“ Vor allem an den Grundschulen und in den fünften Klassen müssten SchülerInnen oft abgelehnt werden. Grund für den Run auf die Privatschulen sei das schlechte Abschneiden der staatlichen Schulen bei den PISA-Studien, vermutet Friemel. Denn seit der Veröffentlichung von PISA 2000 sei die Zahl der Anmeldungen an den 422 Ersatzschulen im Land um 7,5 Prozent gestiegen.

Auch die Bewerbungen von LehrerInnen an Privatschulen sind größer als der Bedarf: „Die Atmosphäre ist oft besser als auf den staatlichen Einrichtungen“, sagt Friemel. Es gebe aber auch da Ausnahmen, nicht jede staatliche Schule sei schlecht, genauso wie nicht jede Privatschule automatisch gut sei. „Wir können uns gegenseitig befruchten.“ Friemel wehrt sich dagegen, dass Privatschulen pauschal als Eliteschmieden gesehen werden. „Bei uns sind auch Kinder aus ärmeren Familien, denen die Bildung ihrer Kinder besonders am Herzen liegt“, sagt er.

Die NRW-Verfassung verbietet den Ersatzschulen, Schulgeld zu kassieren. Über Fördervereine, in die alle Eltern „freiwillig“ einzahlen, wird der Eigenanteil finanziert. Der liegt nach einer Erhöhung im Jahr 2004 derzeit bei 18 Prozent, beziehungsweise bei 7,5 Prozent, wenn die Schule noch Räume anmieten muss.

Zu hoch, finden die LehrerInnen und SchülerInnen von Privatschulen. Rund 30.000 SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen hatten Anfang 2004 gegen geplante Kürzungen des Landesetats demonstriert. Daraufhin nahm die Regierung ihre Kürzungen zurück, 2006 sollen sich die Schulen nur noch mit 15 Prozent beziehungsweise mit 6 Prozent beteiligen.

Die neue Landesregierung hat nicht vor, am Kurs der alten etwas zu ändern. „Wir wollen auch für die Privatschulen ein verlässlicher Partner sein“, sagt Oliver Mohr, Sprecher im Schulministerium. CDU und FDP gingen da „ganz unideologisch ran“, sie wollten die Qualität der Bildung an allen Schulen verbessern, „egal ob privat oder öffentlich“.

Vor allem plant die neue Regierung den Wettbewerb unter den Schulen anzuheizen. Unter diese Politik fällt die bevorstehende Auflösung von Grundschulbezirken. Gewerkschaftsvertreter und Grundschullehrer aus NRW befürchten eine weitere Gettoisierung von Migrantenkindern (die taz berichtete).