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Archiv-Artikel

Der Druck auf die Commerzbank steigt

Die Ermittlungen wegen Geldwäsche könnten sich auch auf Vorstandsvorsitzenden Klaus-Peter Müller ausdehnen

Zuerst war die russische Investition „ein ganz normales Bankgeschäft“

BERLIN taz ■ Im Zuge der Ermittlungen wegen Geldwäsche gerät auch der amtierende Vorstandschef der Commerzbank, Klaus-Peter Müller, unter Druck. Müller war bis 1999 für das Osteuropa-Geschäft der Bank zuständig. Wegen des Verdachts der Geldwäsche mit russischen Unternehmen hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt kürzlich mehrere Wohnungen und Büros durchsucht. Müllers Nachfolger in der Osteuropa-Verantwortung, Andreas de Maizière, ist am 18. Juli zurückgetreten.

Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Frankfurt beziehen sich die Ermittlungen auf die Jahre 2000 bis 2004. Damals kontrollierte die Commerzbank zeitweise die russische Firma Telecominvest, eines der wichtigsten Unternehmen auf dem dortigen Markt für Telekommunikation. Die Staatsanwaltschaft geht der Frage nach, ob Finanzmittel. die eigentlich dem russischen Staat gehörten, illegal beiseite geschafft und später wiederum einer legalen Verwendung zugeführt wurden. Deutsche Staatsbürger könnten an Geldwäsche nach Paragraf 261 Strafgesetzbuch beteiligt sein, lautet der Verdacht.

Müller ist gegenwärtig nicht nur Vorstandschef der drittgrößten deutschen börsennotierten Privatbank, sondern auch exponierter Vertreter der Branche. Seit März dieses Jahres amtiert er als Präsident des Bundesverbandes Deutscher Banken, der deren Interessen gegenüber der Politik vertritt. Der Verband nimmt zu den Vorfällen keine Stellung. Ein Sprecher der Commerzbank betonte gestern, die Ermittlungen würden nicht den Zeitraum der Osteuropa-Verantwortung des jetzigen Vorstandschefs betreffen. Müller habe seine regionale Zuständigkeit 1999 an de Maizière abgegeben.

Bei der Staatsanwaltschaft heißt es, dass eine Ausdehnung des Untersuchungszeitraumes in die Jahre vor 2000 aber nicht ausgeschlossen sei – je nachdem, wie sich die Ermittlungen entwickeln. Der Beginn des Engagements der Commerzbank bei Telecominvest fällt in die Zeit, in der Müller die Geschäfte verantwortete.

Schon 1996 übernahm die Commerzbank treuhänderisch einen Mehrheitsanteil an der in Luxemburg registrierten First National Holding (FNH), die wiederum die Aktienmehrheit der Telecominvest besaß. Mit der Treuhänderschaft einher ging ein Beratungsmandat, um die Telecominvest an die Börse zu bringen. Zwei damals wichtige Commerzbank-Manager gründeten später einen auf den Bermudainseln ansässigen Investmentfonds, der auch Anteile an Telecominvest besitzt. Die Verwaltung unter anderem dieses Fonds hat die in Frankfurt ansässige Firma Eurokapital übernommen.

Für die Commerzbank sei das Engagement im Jahr 1996 „ein ganz normales Bankgeschäft“ gewesen, erklärte gestern ein Sprecher des Instituts. Wenn es kriminelle Hintergründe gegeben haben sollte, so seien diese nicht erkennbar gewesen.

Laut Medienberichten ermittelt die Staatsanwaltschaft, ob bis zu 250 Millionen Dollar aus dem ehemaligen Staatsunternehmen Telecominvest in illegale Kanäle geflossen sind. Seriöse „Zahlen gibt es nicht“, sagt dazu der Commerzbank-Sprecher. Da es um ein internationales Firmengeflecht gehe, können die Ermittlungen laut Staatsanwaltschaft noch Monate dauern.

In den 1990er-Jahren wurden große Teile der ehemals sowjetischen Staatswirtschaft privatisiert. Eine damals neue Schicht superreicher privater Geschäftsleute, die so genannte Oligarchie, sicherte sich dabei die größten Unternehmen und Aktienpakete. HANNES KOCH