LESUNG : Gemeinsame Isolationshaft
Ein trotzig hingeworfenes, monomanes Stück Prosa ist Rolf-Dieter Brinkmanns einziger Roman „Keiner weiß mehr“, in dem der namenlose Protagonist gerade noch fähig ist, mit bisweilen diffusen Gedanken den Zustand seiner Ehe, seiner Freundschaften, seiner Wohnung, seiner Stadt und seiner Zeit zu schildern – voller Ekel vor sich selbst, voller Misstrauen und Hass auf die dumpfe Bewegungslosigkeit der anderen: voneinander isoliert und doch zusammen gefangen. „Nein, sagte er, ich liebe dich nicht, wirklich nicht! Laßt uns das doch ein für allemal kaputtschlagen.“ Das Leben als Standbild: nichts passiert, nichts ändert sich. „Wie immer, nichts Besonderes.“ Außen nur die banale Gleichgültigkeit des Gewöhnlichen, im Kopf nur die Verdichtung der bösen Worte, die allesamt als gleichwertige Fragmente nur nebeneinanderstehen. Vor eineinhalb Jahren war die Lesung schon einmal im Uebel & Gefährlich zu hören, jetzt geht sie mit etwas anderer Besetzung auf Tour. Morgen Abend lesen Julia Hummer, Robert Stadlober und Michael Weber im Golem. MATT
■ Fr, 10. 8., 20 Uhr, Golem, Große Elbstraße 14