: Bodenständig und bescheiden
DEMUT Beim 20. Deutschlandfest der CSU spricht Karl-Theodor zu Guttenberg am Tag der Deutschen Einheit über Werte – und bringt sich für Ministerposten in Position
Ein kurzer Überblick:
Die offiziellen Feierlichkeiten fanden in diesem Jahr in Saarbrücken statt. Bereits seit Freitagmittag wurde in der Innenstadt ein zweitägiges Bürgerfest unter dem Motto „Europa leben“ gefeiert. Nach Angaben der Veranstalter kamen rund 500.000 Besucher. Rund 1.500 Polizisten und Sicherheitskräfte waren im Einsatz.
■ Rund eine Million Menschen haben nach Angaben der Veranstalter in Berlin gefeiert. Höhepunkt war das Treffen zweier Riesenmarionetten am Brandenburger Tor, eine symbolische Erinnerung an den Fall der Mauer. Zeitweise musste die Festmeile auf der Straße des 17. Juni wegen Überfüllung geschlossen werden.
■ Die muslimischen Gemeinden in Deutschland öffneten am Samstag wieder ihre Moscheen für einen Blick in ihr Gemeindeleben. Schätzungen zufolge kamen 70.000 bis 100.000 Besucher in die etwa 2.000 Gebetshäuser.
AUS MÖDLAREUTH SEBASTIAN KEMNITZER
Dankbar nahm der Oberfranke zu Guttenberg ein Handtuch entgegen und rieb sich das schweißüberströmte Gesicht trocken. Anschließend gönnte sich der amtierende Bundeswirtschaftsminister einen Schluck aus der bereitgestellten Maß Bier und genoss die Ovationen der Massen. Laut Angaben des Veranstalters, der CSU, kamen mehr als 10.000 Menschen zum Deutschlandfest nach Mödlareuth, das die Partei zum Tag der Deutschen Einheit abhielt.
Die Menschen hätten ihn vermutlich lange hochleben lassen – doch nach einer gefühlten Minute machte der Gefeierte eine beschwichtigende Handbewegung, gab sich bescheiden und demütig. Seine Rede drehte sich fast ausschließlich um Werte, Traditionen und Heimat. Guttenberg versäumte es auch nicht, in Anwesenheit Monika Hohlmeiers deren Vater, Franz Josef Strauß, verstorben am 3. Oktober 1988, zu gedenken: „Er braucht sicher eine große Wolke, die sein Gewicht trägt“, sagte er und lachte anerkennend. Das kam an, Beifall brandete auf. Auch Angela Merkel wurde gelobt: Sie habe bis wenige Tage vor der Wahl für ihr Land gearbeitet, er sei froh, so eine Kanzlerin zu haben.
Ob er auch noch froh ist über seinen Parteivorsitzenden Horst Seehofer und dessen Führung der CSU, wusste nach seiner Rede niemand. In einem TV-Interview betonte er später nur, Seehofer werde natürlich die Koalitionsverhandlungen führen.
Der Adlige Karl-Theodor von und zu Guttenberg übt sich in Zurückhaltung, was seine Rolle in einem schwarz-gelben Kabinett betrifft – obwohl er für viele Ministerposten gehandelt wird. Er habe lediglich sieben Monate ein Amt ausgeübt, da wäre es doch vermessen, sich laut grölend hinzustellen, sagte er gegenüber der taz. Vielmehr sei es seine Sorge, dass Werte immer mehr verkümmerten, darüber werde zu wenig gesprochen. Der Mann aus gutem Hause und reiche Adlige referierte über Begriffe wie „Verantwortung“ oder „Freiheit“, ließ in seiner Rede immer wieder die Worte Bescheidenheit, Demut und Bodenhaftung fallen – und die Menschen klatschten.
Der Minister möchte seiner Heimat dienen. Er wirkt ehrgeizig, so als traue er sich fast jedes Amt zu, und scheint zu wissen, dass sein Weg weiter nach oben führen wird. Dass seine Partei so oder so nicht an ihm vorbeikommt. Dementsprechend inszeniert er seinen Auftritt – und hat die Basis dabei längst gewonnen. „Der Mann hat Zukunft“, meinte Karl Fläming aus dem Erzgebirge. Elisabeth Krakau aus Hof sieht in Guttenberg einen Charakterkopf, der so ziemlich alles könne. Guttenberg selbst formuliert später am Abend bei der Sendung „Wetten dass …?“ , es stehe ihm nicht zu, Ansprüche zu stellen. Ein Oberfranke tritt eben bodenständig und bescheiden auf.