: Für ein anderes NRW
Unternehmer und Manager sollen das Land sanieren
Ihnen fehlt der Experte für die genügende Härte, der Mann fürs Grobe mit der feinen Garderobe.
Konstantin Wecker und Dieter Hildebrandt, 1988
Um den NRW-Landeshaushalt zu konsolidieren, hat Jürgen Rüttgers eine Expertengruppe berufen. Bis Ende September solle diese ermitteln, wie es um die Landeskassen wirklich bestellt ist, und dem Ministerpräsidenten dann Vorschläge für eine „strukturelle Haushaltssanierung“ machen.
Viel Spielraum bleibt den Experten nicht: Denn Rüttgers will nicht auf höhere Einnahmen setzen. Die Expertengruppe soll denn auch nur untersuchen, wie sich der Haushalt „bei unveränderter Entwicklung der Haushaltsstrukturen“ entwickelt und allein auf dieser Basis Vorschläge machen.
Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass die bisher berufenen 11 „Fachleute“ mit diesen politischen Vorgaben irgendwelche Probleme haben werden. Denn die Zusammensetzung der Expertengruppe ist – gelinde gesagt – einseitig. Ausnahmslos handelt es sich um Unternehmer beziehungsweise Manager großer Unternehmen wie Tengelmann, Lufthansa, McKinsey, Bertelsmann oder Miele. Frauen sind selbstverständlich nicht dabei. Arbeitnehmervertreter oder Vertreter gesellschaftlicher Gruppen hat der „Vorsitzende der Arbeiterpartei in Nordrhein-Westfalen“ (Rüttgers über Rüttgers) auch nicht berufen.
Bei dieser Zusammensetzung der Expertengruppe dürfte das Soziale ebenso unbeachtet bleiben wie der Umweltschutz, von Geschlechtergerechtigkeit und ähnlichem ganz zu schweigen. Wohin die Reise geht, machte zum Beispiel Paul Bauwens-Adenauer mehr als deutlich. „Wir wollen ein anderes Bundesland!“, zitiert trend, die „Zeitschrift für Soziale Marktwirtschaft“, den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Köln und bescheinigt dem zum Experten Berufenen, dass sein Herz „von je her auf der Seite der Unternehmer“ schlage. Das Konzept von Bauwens-Adenauer für Nordrhein-Westfalen: „alle Ausgaben – Subventionen eingeschlossen – auf den Prüfstand“ und „zügige Privatisierung“, um die Haushaltsprobleme zu „mildern“. Und für die Schule will Bauwens-Adenauer ein Pflichtfach Wirtschaft. DIRK ECKERT