: Eine wertvolle Meldung
Investigativ: Die objektive deutsche Presseagentur beobachtet erstmals Schnaps-Promotion-Party auf Sylt
Himmel, Tanga-Strip und Zwirn, ist denn eine Party am Strand bei Hörnum eine Meldung? Eine Fete, die eine Schnapsfirma zu Promotion-Zwecken veranstaltet? Mit Promis unter Dschungel Camp-Niveau?
Wohl eher nicht. Und bislang hat sich der Landesdienst Nord der deutschen Presseagentur (dpa) auch konsequent daran gehalten: Der alljährlich von einem Spirituosen-Global-Player am Sylter Strand veranstaltete Ringelpiez ist noch nie erwähnt worden. Bis gestern.
Gestern jedoch traf, kurz nach der norddeutschen Unwetterschadens-Bilanz die Nachricht ein, dass „Karibik-Flair am Sylter Strand“ geherrscht habe. Und zwar „in einem transparent-weißen Zelt“: Das ist erstaunlich, weil etliche Menschen bei Karibik an freien, sternklaren Himmel, spärliche Badekleidung, Hitze und Palmhütten denken.
Die dpa hat sich bei ihrer Gründung 1949 „die Pflege der objektiven Nachricht“ auf die Fahnen geschrieben. Dazu gehört, heißt es in ihrer allerersten Meldung, „die Unabhängigkeit von jeder staatlichen, parteipolitischen und wirtschaftlichen Interessengruppe“. Weil die dpa-Redaktion getreu den Hausregeln die veröffentlichten Meldungen grundsätzlich nicht kommentiert muss Spekulation bleiben, was der Auslöser der Strand-Party-Meldung war. Allerdings liegt nahe, dass die aktuelle Diskussion um Werbung und Schleichwerbung dabei eine Rolle gespielt hat: Denn wie eine vollmundige Übertreibung konnte das Werbe-Versprechen des Veranstalters anmuten, trotz widriger Umstände – feucht-kühler Witterung und Plastezelt, beispielsweise – „Karibik-Feeling nach Sylt“ zu bringen.
Bedeutung hat das, weil der veranstaltende Spirituosen-Großhersteller traditionell versucht Einfluss zu nehmen: So soll das Familien-Unternehmen die kubanische Revolution finanziell unterstützt haben, bis es zum Bruch mit Fidel Castro kam. Später dann sollen Teile des Schnaps-Geldes zur Vorbereitung von Attentaten auf den maximo lider gedient haben – was die Familie allerdings bestreitet.
In Anbetracht dieser politischen Bedeutung musste die dpa eine unbestechliche, nur der reinen Objektivität verpflichtete Arbeitskraft auf Sylt schicken. Und die kommt hin, prüft’s investigativ – und muss schon bei der Abfassung der Überschrift beinahe den Werbe-Slogan zitieren: „Karibikflair bei ‚Ritmo de Bacardi‘-Party am Sylter Strand“. Es seien 4.000 Gäste da gewesen, heißt es weiter, und sie alle hätten getanzt und gesoffen, Pardon, nein, die wertfreie Formulierung lautet natürlich, sie „erfreuten sich an Cocktails und Karibikflair“. Und das ist schon eine sehr gute Nachricht. Weil dpa ja objektiv ist. Darum bedeutet das nämlich: Es gibt tatsächlich doch noch ehrliche Werbung. bes